Stefans Weisheiten

4. Oktober 2000, gepostet in ReiseberichteReisetagebuch – Andalusien

Reisetagebuch über unsere Fahrradtour Andalusien 2000

22. Oktober: 2000     Berlin – Malaga   (Flug und 12 km Radfahren)

Morgens verpacken wir die Fahrräder in die Kartons, die wir von unserem Fahrradhändler bekommen haben. Da die Fahrräder nicht demontiert werden sollen, stülpen wir die Kartons über die Räder, nachdem wir den Lenker quer gestellt und die Pedale abmontiert haben. Unten wird das mit Klebeband befestigt, zu guter Letzt wird unterhalb des Oberrohrs ein Loch in den Karton gebohrt, durch das eine starke Schnur geführt wird. Bei mir passt sogar das Panzerschloss durch, daran kann man die Räder gut anheben. Die Luft lassen wir erst am Flughafen raus.

Per Lastentaxi geht es zum Flughafen, das Einchecken geht problemlos, der Transport kostet pro Rad 30,- DM (AIR Berlin). Wichtig!! Vorher anmelden, da jeder Flieger nur 5 Räder mitnimmt. Abflug.

Um 19 Uhr Ortszeit landen wir in Málaga, die Räder werden uns über das Transportband gereicht, die Kartons lassen wir einfach stehen, nach dem Montieren und Aufpumpen geht es los. Es gibt nur eine Strasse in die Stadt, und das ist ne Art Autobahn. Es ist bereits dunkel, wir halten an der ersten Tanke und füllen richtig Luft in die Reifen. Nach gut 15 km erreichen wir unser Hotel. Das Abstellen der Räder ist problemlos, ein Nebenraum der Rezeption wird unsere Garage. Das Zimmer ist ein typisch spanisches Innenzimmer, es gibt keinen Hof, nur einen großen Kamin, wir haben also kein Außenfenster.  Nachts schlafen wir schlecht, wir hören den Regen draußen plattern. Es donnert.

23. Oktober 2000     Malaga

Wir verbringen den Tag in Málaga, das Wetter ist schlecht, also besuchen wir die Kathedrale und die Alcazàba.

Den ersten Fisch essen wir in der Bodega neben der Kathedrale, und bestaunen die hängenden Schinken.

24. Oktober 2000   Malaga  – Nerja   (56 km)

Es geht die Küstenstrasse entlang nach Nerja, ein Badeort gut 56 km östlich von Málaga, der trotz Tourismus seinen Charme noch nicht verloren haben soll. Das Radfahren geht erstaunlich gut, wir waren ja vorher noch nie mit soviel Gepäck unterwegs. Das Wetter ist bewölkt, aber windstill und warm. Kurze (Radler)Hosen reichen aus. Nach 35 km Pause am Meer, der Urlaub hat begonnen. Obwohl vor der Küstenstraße gewarnt wurde, haben wir doch nicht das Gefühl, die Autos und LKWs würden zu dicht an uns vorbeifahren, in Berlin ist es schlimmer…

Etwa 8 km vor Nerja fängt es plötzlich zu schütten an, es gibt keinen Baum, keine Bar, in der wir uns unterstellen könnten, wir ziehen nur die Regenjacken an und werden klitschnass. Vor allem die Schuhe sind soaking wet. Gott sei Dank sind wir kurz darauf in Nerja, es ist Markttag, wir schlängeln uns mit den Rädern durch die Marktstände und finden nach einiger Suche unser Hotel, Hostal Marazul Nettes Zimmer, warme Dusche und die Gelegenheit, erst mal trockene Sachen anzuziehen. Am Abend versuchen wir, eine Wäscherei zu finden, die unsere Sachen wieder trocknet. Insbesondere unsere Schuhe müssen durch den Trockner, sonst haben wir nur noch Sandalen dabei…

25. Oktober 2000   Nerja   (17km)

Wir bleiben den Tag in Nerja und unternehmen nur einen Ausflug zu den berühmten Cuevas. Drittgrößte Besucherattraktion Spaniens. Entsprechend viel ist hier los, wir sind trotzdem beeindruckt und bestaunen die gigantischen Stalaktiten und Stalagmiten. Die Abfahrt ist übrigens wesentlich leichter als der „Aufstieg“, insbesondere die letzten 150 m ging es steil bergauf, wenn das ein Vorgeschmack auf die Berge war, dann gute Nacht…eigentlich wollen wir noch ein weiteres Dorf besuchen, das Wetter ist mittelprächtig, Karens Helm geht kaputt (die hintere Stellschraube lässt sich nicht mehr arretieren), weswegen wir aufgeben und zurückfahren. Der Abend vergeht mit Helmreparatur und Streckenplanung. Es regnet mal wieder, hoffentlich bleibt das nicht so. Dabei haben wir noch Glück, wir hören von schweren Überschwemmungen in Almeria und Murcia, wo es auch Tote gegeben haben soll.

26. Oktober 2000   Nerja  – Colmenar   (68 km)

Auf geht’s!! Heute steht die erste richtige Etappe an, es geht ein Stück die N342 retour, ab Velez de Malaga dann ab in die Berge, nach Colmenar. Was nun folgt, ist ein Aufstieg auf gut 700 m (von Meereshöhe). Wir pusten und keuchen, aber kommen ganz gut voran. Wir legen immer eine Pause ein, wenn es zu mühsam wird, schließlich sind wir im Urlaub und nicht auf der Flucht. Dafür scheint jetzt endlich die Sonne und das nicht zu knapp. Es ist heiß. Es geht bergauf, in Vinuela haben wir 150m Seehöhe erreicht, nur noch 500 m, bevor wir in Colmenar auf 690 m landen wollen. Die letzten 10 km von Riogordo sind zu viel, teilweise schieben wir die Räder die breite Strasse rauf, teils können wir einfach nicht mehr. In Riogordo hätte es auch eine kürzere Verbindung nach Colmenar gegeben, ein Guardia Civil Mann schickt uns aber auf die längere, dafür leichtere (haha) Strecke. Der ist hier noch nie mit dem Fahrrad oben gewesen, wetten? Schließlich kommen wir doch noch an. Im Los Arrieros (Hotel de Montana mit Bar & Restaurant) sind wir die einzigen Gäste. Das stört uns aber nicht weiter. Hier ist es wunderschön, die Landschaft ist ganz anders als an der Küste (die wir nicht mehr sehen können).

27. Oktober 2000   Colmenar – Antequera   (44 km)

Die Sonne weckt uns gegen 9 Uhr. Aufstehen und frühstücken, pan tostada, cafe con leche und ein frisch gepresster Orangensaft tun gut. Packen, zahlen (mit 11.950 ptas gar nicht so wenig) und los. Die Fahrräder haben hinter dem Haus (angeblich bewacht von einem scharfen Hund, den wir aber weder gesehen noch gehört haben) im Heizungsraum sicher untergebracht. Was der Tag wohl bringen wird?

Wir fahren ein hübsches Seitensträßchen auf den Grat des Berges entlang, auf den wir uns gestern hinaufgequält haben. Es geht bergauf, bergab, nix dramatisches. Heute sind wir mit Sonnencreme versorgt, es ist heiß (später lesen wir 27 Grad) auch die ersten steileren Kurven schocken uns kaum. Wir radeln durch weiße Dörfer in wunderschöner Landschaft: hübsche Berge mit Olivenbäumen, die wohl mit der Wasserwaage in der Hand gepflanzt wurden, so schnurgerade stehen sie Reih um Reih. Sie erinnern uns an den Namen unserer Tour: Ruta de Montes y Aceitunes (or something very much alike) Eine fette schwarze Sau grunzt, der Bauer promeniert seine Ziegen mit lautem Gelöck und vielbestaunten dicken milchtriefenden Eutern. 

Dann der erste bewusste Blick auf El Torcal. Weitläufiges schroffes Bergmassiv, karg und weiß grüßt es rechterhand. Doch für uns geht es erst runter. Da laufen die Räder mal wieder flott, treten unnötig. Unten angekommen, stellt sich die Frage wie kommen wir über die Autovia?? An örtlicher Zisterne weiß niemand so genau, ob der kleine Tunnel uns wohl zur anderen Seite bringt. Tut er. Danach geht es erst mal schiebenderweise in das nächste Dorf hoch, wo das Ziegengeläut wartet. Und wieder gaaaanz runter, 10 % Gefälle. Bis auf den Talgrund eines nicht vorhandenen (aber in der Karte eingezeichneten) Flusses und dann gut 2,5 km steil bergauf. Karen stöhnt und schiebt. Gestern hochgeflucht, heute hochgestöhnt… 

In Villanueva de la Conception  Pause an der Zisterne unter einer Platane. Ab hier geht es steil bergauf, die nächsten 6 km sind eine Tortur. Für Blicke in die Landschaft fehlt uns die Kraft. Wir brauchen ewig für die Strecke, und als uns auch noch Amerikaner (?) auf Rennrädern (das Gepäck kommt mit dem Auto hinterher) überholen und uns mit den Worten „It gets worse!“ den letzten Nerv rauben, ist es eigentlich vorbei. Schließlich sind wir dann doch oben, der Abzweig zum eigentlich Felsenmassiv (weitere 4 km) reizt uns nicht. Erst mal picknicken und Wunden lecken. Es ist ca. 16 Uhr. Die Amis werden vom Tourenbus versorgt und wir ob des „very hard climb“ bestaunt. Danach geht es fast nur noch bergab, wir ziehen die Jacken an, im schnellen Fahrtwind wird es kühl. Dann kommen uns die ersten 2 Radler mit Gepäck uns entgegen, 2 Spanier, die wir mit lautem „ola!!“ begrüßen (und bedauern, die haben den Berg vor sich).

Ich denke über den Satz „Antequera liegt auf einer Anhöhe“ aus dem Reiseführer nach, als wir die Stadt sehen. Aber wir haben Glück, wir kommen von der richtigen Seite und rollen bergab in die Stadt. 23 Kirchen gibt es hier, (dies war die letzte Bastion der Christen vor der maurischen Rückeroberung), weiß und schön präsentiert sich die Stadt im Abendlicht. Mitten im Zentrum dann das Hotel „Nueve Infante“, wir beziehen ein großes Einzelzimmer mit Einzelbetten, Küchenzeile und mäßig warmer Dusche. Endlich geschafft!

Sightseeing: Wunderschöner kleiner Ort mit jeder Menge architektonischer Perlen aus Renaissance & Barock. Wir schlendern und staunen. Vorbei an römischen Ausgrabungen, Pracht Stadtvillen und immer wieder schönen Kirchen. Bis zum Placa de Toros (Stierkampfarena) wo wir gemäß Empfehlung gut und teuer essen wollen. Leider öffnet es erst um 21 Uhr das ist uns zu spät, also auf ins Schwesterlokal beim Hotel um die Ecke, „La Espuela“ genannt. Wir essen vorzüglich, leckeren Wein (Rioja) und andalusische Gazpacho sowie lecker Steak. Das Essen entschädigt für einiges…

Im Hotel ist inzwischen die elektrische Heizung angesprungen und wir haben bestimmt 28 Grad im Zimmer. Na ja, besser als zu kalt.

28. Oktober 2000    Antequera  – Ardales   (57 km)

Eine der zahllosen Kirchen zeigt lautstark mit GEBIMMEL an, dass es 8 Uhr ist. Aufstehen, die Dolmen öffnen um 9 Uhr. Bis wir startklar sind, ist es 8.45. Ohne Gepäck geht es durch Antequera, wow – was für eine Leichtigkeit!! Die Dolmen öffnen gerade so, es ist 9.20 (die spanische Pünktlichkeit). Eines der Dolmen ist geöffnet, man kann hineingehen, 4500 Jahre liegen die Felsbrocken hier übereinander, so richtig weiß man nicht, was hier drin war, man vermutet aber es handelt sich um Gräber.

Frühstück gegenüber einer Kirche, Supermercado (leider keine guten frutas) packen zahlen los. Aus Antequera raus geht es erst mal wieder BERGAUF…Na ja, nach 3 km auch wieder runter. Wir fahren um El Torcal herum, Ziegen, Olivenbäume, wenig Verkehr. Heute geht es mehr bergab als rauf, aber die Steigungen haben es in sich. Endlich der Abzweig zum Embalsa de Guadalhorce, steil bergauf. Trotzdem ist heute alles irgendwie leichter, nach jedem Anstieg eine tolle Aussicht und wieder bergab. Schwitzen und treten. Endlich sehen wir den See und es geht wieder bergauf. Belohnt werden wir mit großartiger Kulisse – blaugrünes Wasser vor andalusischem Bergland. Grandios, wir machen Fotos, bummeln. Die Seen liegen in der Einflugschneise nach Malaga, alle 2 min. ein Flugzeug. Stört aber nur unwesentlich. Wir kommen an die Staumauer, unser Wasser ist alle. Gleich danach sind wir im Parque Natural Ardales, Stauseen, Hostales, Restaurants. Toll hier. Und scheinbar fest in spanischer Hand. Wir fahren gemütlich weiter, die Strasse kurvt vor sich hin. 

Schließlich der Abzweig runter zum El Chorro, einer ganz engen Schlucht. 6 km bis dahin, die müssen wir auch wieder retour, wollen ja eigentlich geradeaus. Wollen wir?? Eigentlich nicht, aber dennoch, los. Die Abfahrt ist rasant, uns graut vor dem Aufstieg. Unten sieht man von der Schlucht nix. Nur ein hässliches Umspannwerk mitten im Wasser. Und ne Menge Freeclimber. Um zu Schlucht zu kommen, muss man den Fluss überqueren und neben den Bahngleisen entlang laufen, sieht lebensgefährlich aus. Außerdem – wo sollen wir in der Zeit die Räder lassen?? Man sieht nur eine schmale Brücke in schwindelerregender Höhe, eh nix für Höhenschisser wie mich. Also umdrehen. Karen wieselt die 6 km hoch wie nix. Merx-Qualität. Ich tu mich ein wenig schwerer. Aber wir schaffen die 6 km in weniger als 30 min. Puuuuh!!

In Ardales finden wir die Reiseführerempfehlung „El Cruce“ das Zimmer ist okay. Duschen, Stadtbummel, Proviant für morgen kaufen. Wir warten auf das Abendessen (8 Uhr), mittlerweile sind mehr Deutsche als Spanier in der Bar. Haben wir alle den gleichen Reiseführer? So schön ist es hier doch gar nicht. Endlich das Essen – Lomo con Montega und Plato del Monte. Was da kommt, braucht allerdings eine Nacht, um brechreizfrei beschrieben werden zu können. Ölige Pommes und in Schmalz eingelegtes Huhn (kalt). Ich dazu noch eine Wurst, die an Käsekrainer der übelsten Art erinnert. Lässt sich nur mit Cervesa con Lemonada runterwürgen. Karen hält sich vornehm zurück. Schnell noch eine Tortilla de Almeda hinterher (Mandelgebäck in Keksgröße) und ab ins Bett. Extrem laute Nachbartür, unruhige Nacht. Empfehlen können wir El Cruce jedenfalls nicht. Auch die Rechnung (8.100 ptas) ist recht happig.

29. Oktober 2000   Ardales  – Ronda    (47 km)

Zeitumstellung (auch wenn die Andalusier sich völlig überrascht zeigen und wir es in der Zeitung präsentieren müssen). Frühstück in der Bar und los. Wasserfassen an der Zisterne gegenüber, es ist kühl. Wenigstens geht es gleich bergauf, da ist es auch gleich wohlig heiß im T-Shirt. Ächz…

Auf gen El Burgo, kleine Nebenstrasse, mehr Hügel aber auch 10 km kürzer als auf der stark befahrenen Hauptstraße.. Gestern in der Stadtverwaltung (Touribüro) hat man uns allerdings zu erklären versucht, dass die Strecke nur was für Mountainbikes ist. Die kennen unsere Räder nicht, die machen so was locker mit. Hier scheint jeder Ziegen und Schafe zu haben, überall mäht und blökt es in allen erdenklichen Stimmlagen. Den armen Hammeln werden lusttötende Lederschürzen als Verhüterli umgebunden. Kleine Ziegen und Lämmer gibt es trotzdem. Der Weg ist steil aber heute ist uns alles zu steil, wir kommen nur langsam voran. Schöne Ausblicke in die Hocheben mit Olivenbäumen und alten Männern auf der Jagd. Ab und zu knallt es das Bergmassiv wirft das Echo zurück. Was hier wohl gejagt wird? Stefan tippt auf Rebhühner. Plötzlich Schotterpiste, auf der es sich nach kurzer Eingewöhnung aber auch gut fahren lässt. Wir fotografieren eine Steineiche, weiter geht es bis El Burgo auf einer Route, die plötzlich „Ruta Montanera“ heißt, was nix gutes verspricht. Aber es wird nicht schlimm. In El Burgo dann leider keine Zisterne, unser Wasser ist fast alle, dann gibt es eben Trinkjoghurt und Kekse. Von hier (600 m) geht es über den Pass (1200 m) nach Ronda. Jawoll, ihr Wadeln! Ich fahre vor und Stefan hinterher, es ist heiß, wenig Schatten. Viele kurze Pausen sind nötig, es ist heiß und ziemlich steil. Nach 45 min. sind wir an einem Mirador (dessen Namen wir vergessen haben) und blicken zurück auf El Burgo. Danach längere Strecke auf der Hochebene, sehr karg und wild, aber auch sehr schön. Danach ein längerer Aufstieg zum Pass. 1190 m erstrampelt! Das wird mit Picknick auf einem großen Stein gefeiert. Lange Abfahrt nach Ronda auf 700 m. 

Das Hotel (Hermanos Macías) ist schnell gefunden, und überzeugt trotz kleinem Zimmer mit sehr nettem Personal, toller Lage und dem besten Fahrradstellplatz bisher: Mitten in der Kneipe! Duschen, Stadtrundgang. Ronda ist ein Muss für jeden Andalusienreisenden, hier gibt es entsprechend viel Tourismus. Die älteste Stierkampfarena Spaniens (in Ronda wurde der Stierkampf zu Fuß erfunden), und wir mittendrin. Ohne Stier. Das angeschlossene Museum ist einen Besuch wert, nicht nur die Toreros können gewinnen…

Die Puente Nueve, die neue Brücke, überspannt die Schlucht in 170 m Höhe und verbindet die beiden ehemaligen Stadtteile La Ciudad und El Mercadillo. Großartig!! Wir genießen, dass die meisten Touribusse schon weg sind (es ist Sonntag abend), wir haben die Stadt für uns. Rückkehr zum Hotel, in der angeschlossenen Bar La Verdad gibt es Tapas (insbesondere die Pimientos Rellenos überzeugen). Stefan versucht, den verbogenen Zahnkranz am Fahrrad zu reparieren, klappt aber nicht. Vielleicht gibt es hier ja einen Fahrradhändler, mal sehen.

30. Oktober 2000    Ronda

Das Selberfuchteln am Rad hat nix gebracht. Also morgens erst schnell zur Post, die ersten zwei Postkarten aufgeben und dann ins Touristoffice, wo gibt es (wenn überhaupt) eine Fahrradreparaturwerkstatt? Es gibt, und nicht weit weg. Also – erst mal Karen aus dem Bett scheuchen und Frühstück. Wir werden sehr nett begrüßt, cafe con leche und Pan tostada mit Olivenöl und Schinken, Butter und Marmelade werden aufgetischt. Aha desayuno includio? Offensichtlich. Wir wissen zwar nicht, was das Zimmer kostet, aber fühlen uns prima aufgehoben. Wir versuchen dem Chef zu erklären, dass wir noch nicht wissen, ob wir heute oder morgen abreisen, er gibt mir den Ausweis zurück, also „No Problem“. Auf zum Fahrradladen. Ob der Schaden behoben werden kann? “Una hora“ Sagt der Chef. Echte prima!

Wir verbringen zwei Stunden mit Supermarkt und diversen Optikern leider kein schönes Brillengestell dabei. Im Fahrradladen kaufen wir noch ein paar Adapterventile und lassen Karens Kette ölen. Insgesamt für wenige 1350.- Jetzt haben wir wieder zwei Räder, die fit und bereit sind für neue km. Trotzdem beschließen wir den Tag noch in Ronda zu verbringen. Wir besuchen die Kirche St. Maria la Mayor, sitzen in der Sonne und schreiben insgesamt 28 weitere Postkarten (die letzten im Hotel). Ein Spaziergang entlang der Steilwand zum Tajo rundet den Tag ab. Erheiternd ist ein von uns wenig beachteter Elvis Fan, der im Jogging Anzug mit goldener Sonnenbrille und Getthoblaster um Aufmerksamkeit buhlt.

Siesta im Hotel – Wecker auf 19.30 Uhr, die am Vormittag abgegebene Wäsche soll um 20 Uhr fertig sein. Ist sie auch, und wir sind wieder voll ausstaffiert. Toll, so ein Tag Pause!

Am Abend gehen wir in die Tapas Bar. Alle Tische sind besetzt, wir bleiben an der Bar. Und bestellen beim freundlich amüsierten Ober kleine Proben der vor uns in Vitrinen präsentierten Tapas. Viel Fisch ist dabei, die Salate sind na ja. Dazu gibt es Wein (Vino), auch sehr lecker. Nach all den Proben bestehen wir noch mal ordentlich, vier oder fünf verschiedene Sachen, ein großer Teller kommt, wer soll das essen? Bar Nachbarn (ein Paar aus dem Ruhrpott) spechtelt, wir kommen ins Gespräch. Die beiden sind nett. Wir bieten Tapas feil und werden mit Wein „belohnt“. Bis fast 23 Uhr schwätzen wir uns sind leicht betrunken. Als es ans bezahlen geht, wiegt der Kellner mit den Kopf. So teuer? Ist es gar nicht, mit reichlich Trinkgeld zahlen wir 4000. Zum Abschluss gibt es alle einen Málaga Wein, schwer und süß. Als Betthupferl gerade recht. Wir kichern die Stufen hoch und fühlen uns recht beschwingt oder beschwipst. Ein toller Tag geht zu Ende.

31. Oktober 2000    Ronda – Jimena de la Frontera   (70 km Zug)

Der Wecker piept. Was ist das? Das Sauwetter hat uns wieder. Es ist kalt und regnet. Wir beschließen, mit dem Zug zu fahren, nach dem Frühstück ins Touristoffice, Zugplan holen. Um 11.27 Uhr fährt ein Zug nach Jimena de la Frontera – das ist optimal. Bleibt auch noch Zeit genug für die Banos Arabes. Die besterhaltenen arabischen Bäder. Es nieselt und die Schlucht ist kaum zu sehen. Das Gehen in den steilen Gassen ist schwierig, weil es rutschig ist. Aber wir schaffen es, einen Identitätsnachweis anstelle von Eintrittsgeld, und sind wieder mal… Die Einzigen. Wunderschöne Rundbögen, schräg an der Decke angebrachte Dampfabzugslöcher, sehr gut erhaltene Tauch- und Badebecken. Schön! Auf dem Rückweg treffen wir noch die beiden von gestern Abend auf dem Weg zur Stierkampfarena. Wir zahlen das Zimmer und Karen gebraucht einen superhöflichen Konjunktiv bei der Frage, ob das Gepäck und die Räder wohl noch eine Stunde in der Bar bleiben dürfen. Claro que si!!

Dann ein freundlicher Abschied, Räder bepacken und los Richtung Bahnhof. Es klart schon wieder auf. Trotzdem radeln wir entschlossen zum Bahnhof (Estacion R.E.N.F.E.) und kaufen für ca. 16 DM zwei Tickets nach Jimena de la Frontera. Wir sollen ganz hinten einsteigen, wird lauthals erklärt. Tun wir auch als der Zug kommt – mit einiger Verspätung. Aber ganz hinten geht die Tür nicht auf, also vorletzten Eingang benutzen. Und zwischen zwei Abteilen gelandet, Gepäck abladen, Rädern durch 2 Abteile manövrieren, wieder bepacken und abstellen. Denn ganz hinten ist eine Art Fahrradwagon. Der ist leider geschlossen, weshalb der Schaffner uns bedeutet, doch wieder durch die Vordertür auszusteigen… Also alles noch mal, sehr zur Freude zweier Araberinnen, die galant die Abteiltür offen halten. 

Übrigens lacht draußen die Sonne auf flacher werdende Berge, die zunehmend bewaldet sind. 

In Jimena ist es viel wärmer als in Ronda, blauer Himmel, Sonnenschein. Der Bahnhof liegt zwei Kilometer außerhalb des Ortes. In den geht es steil bergauf, dass wir nach kurzen Anläufen uns in den eng gewundenen Gassen Schiebenderweise wiederfinden. Wir suchen und finden die Empfehlung aus dem Reise- Know-how hoch – es ist eine Ferienwohnung bei Christa. Erst lassen uns die 6.000, – pro Nacht zögern, aber das Hostal nimmt. 500, – pro Nacht im Doppelzimmer dann wären wir blöd!

Die Ferienwohnung erweist sich als komplettes Häuschen, mit 2 Terrassen auf 3 Ebenen, amerikanischer Einbauküche, Kamin und schönem Bad. Von den Terrassen hat man einen fantastischen Überblick über das Tal und in der Ferne grüßt der Felsen von Gibraltar.

Wir unternehmen einen Spaziergang in den Park Arconocales Den empfohlenen Weg zum Fluss finden wir erst auf dem Rückweg, aber auch so gelangen wir in den Park mit den berühmten Korkeichen. Gut 2 ½ Stunden wandern wir durch diese Landschaft und finden: Korkeichen (gerade abgeerntet, die Stämme sehen aus, als hätte man ihnen einen braunroten Strumpf übergezogen), Steineichen (mit Riesen Eicheln, die den Ziegen gut zu schmecken scheinen), Igeltannen, große Pappeln und andere Laubbäume. Viel Tiere gibt es hier, Adler (wir zählen 5), Ziegen und Schafe. Wunderschön ist es hier, wenn nicht ab und an ein Schuss zu hören wäre, die Jagdsaison (wahrscheinlich Rebhühner und Hasen) ist in vollem Gange. 

Wieder im Haus genießen wir die Terrasse und relaxen den Nachmittag über. Abends geht es dann ins Dorf hinunter, die lokale Tapasbar soll sehr gut sein. Fein ausgesuchte Kleinigkeiten wie Fleischspieß mit Fritten und Salat, Hackklöße in Tomatensauce, eingelegte Paprika, Manchego, Kartoffelpüreerolle frittiert mit Hackfleisch, Meeresfrüchte, Brot und Bier, danach 2 Flan und den Ortsprospekt vom netten Inhaber. Alles für weniger als DM 20,-. Hier könnte man es aushalten. 

1. November 2000    Jimena de la Frontera – Gibraltar      (46 km)

Eine Nacht geht mit dem Piepen des Weckers zu Ende. Das Bett wird zum schlechtesten Bett „ever“ gekürt, wenn einer sich bewegte, hüpfte der andere mit…

Frühstück in der Tapasbar von gestern. Tortillas con Queso y tosadas y 4 cafe con leche. Nett ist es hier, die Barfrau versucht einen Smalltalk.

Zurück in die FeWo, ein letzter Blick auf die tolle Aussicht, packen und los. Da fällt Karens Helm auseinander. Wirklich eine Montagskonstruktion. Die Schale ist ab, wir kleben sie mit Lassoband und Klebstoff. Das sieht jetzt schön rot umrandet aus, Hauptsache es hält. Es geht flott voran, mehr bergab als bergauf, eine Fahrt recht nach unserem Geschmack. Einige Hobbyrennradler überholen uns, haben aber Mühe uns richtig abzuhängen. Später erfahren wir, dass heute Feiertag ist, da radeln eben viele gern. Wir sind flott unterwegs, an Pferden, Stieren, Schafen und Ziegen vorbei. Und plötzlich – Störche!! Extra angebrachte Nester in den Hochspannungsmasten dienen als Rastplätze, ob die noch weiterfliegen? Wir sehen auch viele hoch oben kreisen, der Fernstecher bewährt sich jetzt. Na ja, Afrika ist nicht mehr weit. Und dann sehen wir das Meer. 

Gibraltar liegt links von uns, rechts das hässliche Algeciras, eine Industrie und Hafenstadt. Picknick am Strand, wen man nur geradeaus sieht, stört der rechte Anblick nicht so sehr. 

Weiter geht es an der Ölraffinerie „Cepsa“ vorbei, einer der größten Arbeitgeber in Spanien – wir lesen viele Protestschriften an den Mauern, die die Fabrik umgeben – Richtung Gibraltar.

Vor der Grenze eine lange Autoschlange, mit den Rädern dran vorbei, kein Problem. Nach der Grenze geht es über das Flugfeld (!) in die eigentliche Stadt. Enge Hauptstrasse, viel Verkehr. Wir radeln ins Queens Hotel, Ü/F 60 Pfund, WOW!! Na ja, ich zücke die Visacard, hier kommen wir nicht oft her, das erlaubt das Budget nicht. Und wenn man schon mal in Gibraltar ist, was soll´s. Die Zimmeraussicht und der extrem nette und höfliche Empfangschef entschädigen ein wenig. Die Fahrräder stehen i gut bewacht in einem Abstellraum in der Rezeption, wir beziehen das Zimmer und packen aus. So, was nun? Wir fragen den Empfangschef, der uns die Dolphintour empfiehlt. Na, dann los. Nicht billig, immerhin 18 Pfund pro Person, ausser uns sind noch 4 Erwachsenen und ein Kind an Bord eines ziemlich großen Schiffes. Wir kreuzen in der Bucht, das Mädchen ruft immer „Daaaa, daaa!“ wenn sie welche entdeckt. Nach 1 Stunde sind wir durch, aus unseren Reisen nach Kanada auch Besseres gewohnt und ausserdem verzieht sich gerade die Sonne und es wird ziemlich kühl. Also sitzen wir im Boot und warten das Ende der Tour ab. Mittlerweile ist uns saukalt, wir sprinten ins Hotel und entledigen uns der kurzen Hosen. Bummel durch den hübschen Ort, Downtown ist Fußgängerzone, Geschäfte, die uns nicht interessieren (Tabak, Schmuck, Electronics, Klamotten), alles recht teuer und unübersichtlich. Es wirkt alles irgendwie kramig. Wir landen im „Clipper“, essen Fish & Chips (lecker!!) bzw. Salat mit Rosinen und Nüssen (na ja) und „Jacket Potatoe with Cheese“ Dazu gibt es Bier vom Fass bzw. Cider aus der Büchse… Zum Dessert einen Lemon Merinque Pie bzw. Apple Pie mit Eis & Custard. Vollgegessen (und um 20 Pfund ärmer) ziehen wir ins Hotel zurück, und uns unter die (dünnen) Decken.

2. November 2000     Gibraltar

Die Nacht war kalt. Wir beschließen als erstes, mehr Decken anzufordern. Danach Dusche und der Schock, weil die Steckdosen hier natürlich britisch sind, der Fön passt nicht. Mr. Empfangschef kann helfen, sich aber einen Kommentar nicht verkneifen : “See, even there we are different from the Spaniards!“ Ja, man ist stolz darauf, anders zu sein. Das wäre das Frühstück sicher auch, so wie es ankommt: fett triefendes englisches (armes England) Breakfast, bestehend aus einem Spiegelei, 2 Scheiben Toast und einer trockenen Tomatenscheibe. Und das in einem Hotel, das mal erstklassig war. Die marokkanischen Oberkellner strotzen nur so voll Blasiertheit, es zeiht im Frühstückraum, alles irgendwie unwirklich. Wenigstens der Tee ist okay, auch wenn man schief angesehen wird, wenn man eine zweite (oder gar dritte) Tasse will. Der Kaffe ist typisch britisch – ungenießbar.

Los geht es! Auf zum Tourist Board: Wann kann man denn die Moschee besuchen? Abends zwischen 5 und 6 Uhr, telefonische Anmeldung erwünscht. Aha, danke. Auf zum Gibraltar Museum. Für 2 Pfund sind wir dabei und sehen ein wildes Sammelsurium unterschiedlichster Dinge über „The Rock“ auch liebevoll „Gib“ genannt: den ältesten Neandertalerschädel, Jahre vor dem in Neandertal gefunden, aber nicht gewürdigt, sonst würde die Spezies aus der wir uns entwickelt haben „Homo Gibraltarensis“ heißen müssen. Angaben über die Höhlen der Funde und über das Leben zu Neandertalerzeiten (Werkzeuge, Flora, Fauna), wer sich sonst noch hier tummelte – Phönizier, Vandalen & Goten, Spanier, Engländer, Mauren, die wunderbar gut erhaltenen Bäder bauten und von deren einstigem Castle nur der Hommage Tower erhalten blieb, den Rest zerstörten die Sanier nach der Rückeroberung im 14. Jahrhundert. Irrsinnig viel über die Rückrückrück (?) eroberung der Engländer  1704 und die große Kämpfe gegen die Spanier 1779 , viel militärischen Krams (Waffen, Kanonen Zinnsoldaten etc.), eine Ausstellung eines Künstlers und einen 15minütigen Film über das Leben seit Jahrtausenden auf dem Rock. Sehr interessant. 

Wir versuchen einen Shoppingbummel, aber erfolglos, überall gibt es schon weihnachtliches. Wir begeben uns auf den Rock, mit der Bahn, zum Radeln sind wir zu faul, und zum Laufen ist es doch ziemlich weit. Für 4,90 Pfund rauf zum Upper Rock Nature Resort. Oben schöner Ausblick über die Bucht und gute Sicht nach Afrika, aber der Himmel zieht langsam zu und wir sind froh über die mitgebrachten Jacken. Zuerst wollen wir zu den Affen, klar, oder?? Anfangs begeistern uns die Affen, die von den Taxifahrern gefüttert werden, aber das Interesse lässt bald nach. Sie wühlen im Müll, überall liegt der Dreck rum und sie knabbern an leeren Plastiktüten, sie werden auf den Rücken von Touris gelockt. Und es sollen mittlerweile so viele sein, dass ernsthafte Gegenmaßnahmen erwogen werden, um der Plage Herr zu werden…

Danach weiter zur beeindruckenden St. Michaels Cave: große Tropfsteinhöhle, mit sehr schönen Stalagmiten & -titen. In diesen Höhlen haben schon die Neandertaler gelebt, im 18. Jh. Wurden hieraus die Kanonen abgefeuert und im WWII war hier ein Notkrankenhaus eingerichtet. Heute dient die Höhle kulturellen Zwecken (Theater).

Auf dem Weg nach unten besuchen wir noch das Moorish Castle von dem nur noch der Tower steht, mit einigen Vasen und marokkanischen Teppichen. Müde Rückkehr durch die Main Street, zu Safeway am Hafen, einkaufen für die Tour morgen (Joghurtdrinks, Kekse etc.). Zu guter Letzt besuchen wir noch den botanischen Garten vor dem Hotel, sehr schön (und gratis). Zurück im Hotel wird gepackt und früh ins Bett. Wir haben es mühelos geschafft in diesem Zipfel der Welt in  knapp 2 Tagen über 700,- DM auszugeben… Dafür leben wir in Spanien gut ne Woche… Nix wie retour nach Andalucia!!

3. November 2000   Gibraltar  – Tarifa (50 km)

Wir stehen um 8 Uhr auf, draußen hat es nachts geregnet, es ist bewölkt aber zeitweise auch sonnig. Kalter Wind. Wir frühstücken Toast und Marmelade (lassen uns vom unfreundlichen Kellner nicht den Tag vermiesen, sondern die Trinkflaschen mit Wasser füllen) um radeln um 9.30 los. Wir verfahren uns beinahe und merken aber noch rechtzeitig, dass wir beinahe den Rock umrunden. Raus aus England!! Wirr adeln gleich am Ufer entlang, wo es möglich ist, wieder durch das Industriegebiet von Cespa, bis zur N340, die sich als Autostrada entpuppt. Wir radeln den Pannenstreifen entlang, neben uns donnern die LKWs vorbei. Gruselig, aber keine andere Möglichkeit. So geht es bis hinter Algeciras, dann wird es wieder „normal“. Kaffeepause. Wir haben 2 Minihügel mit 340 m vor uns, mühsam gegen den Wind. Eine 3-er Gruppe auf der anderen Seite flickt Reifen: „Need Help?“ – „No, Thanx, carry on!“ Ein letzter Blick zurück auf The Rock,. Mein Knie beginnt zu schmerzen. Erst denke ich, es ist verkühlt, aber die Bewegung tut weh. Bis Tarifa geht es nur schleppend. Bei dem Gegenwind sind wir bergab beinahe langsamer als bergauf. Wir picknicken auf dem Puerto del Cabrito mit tollem Blick auf Afrika, nur 15 km sind es hier bis rüber. Oder 8 km bis nach Tarifa, bergab, der Wind bläst. Viele Windkrafträder gibt es hier, sie drehen sich schnell. Dann sind wir da. Ein Zimmer in einer Pension ist schnell gefunden, die Pension Correro gegenüber der Post bietet einfache Zimmer für 4.000,- Wir treffen 2 Bustouris und spazieren gemeinsam zum Strand. EIN WIND!!! Hier ist ein Surferparadis, am Strand liegen ist hier einfach nicht drin, der Sand peitscht einem ins Gesicht. Wir bestaunen die Surfer, auch Kyte-Surfer und einen Strandsegler (auf 3 Rad) Wir quatcshejn mit den beiden, er ist aus Holland, sie aus Neuseelnad. Er bereist Spanien, sie will weiter nach Marokko. Im Touristoffise erfahren wir, dass es keinen Flamenco gibt (schade, hätte ich Lust zu gehabt, und dass von Bolonia aus der Starnd wegen Militär gesperrt ist. Also müssen wir doch ein wenig die Hauptsrasse weiter. Tarifa gefällt uns leidlich, es ist Nebensaison und wenig los, allerdings wird heftig gebaut. Frühes Bett.

4. November 2000   Tarifa –  Vejer de La Frontera  (80 km)

Wir haben sehr gut geschlafen das Bett war das beste bisher. Nur mit der gemeinsamen Decke gab es kleine Flügelkämpfe…Cafe con leche & pan tostada, leider keine tortilla, packen und los. Nach wenigen km sehen wir links einen sher schönen Sandstrand und rechts über einem Hügel jede Menge Adler kreisen. Es ist total windstill (Gott sei dank), in der Sonne schön warm und eine kühle Meeresbrise – angenehmes Radelwetter. An einer Pahrmacia kaufen wir einen Stützstrumpf für mein Knie, es geht so leidlich. Die Strecke ist eher flach, zum Teil pfeiffen die wenigen Autos dicht an uns vorbei. Wir biegen bald wieder Richtung Meer ab, nach Zahara de los Atunes, malerisches Fischerdorf, wir bestellen mittags Thunfisch (SUPERLECKER) und genießen die Sonne und den Meeresblick. Weiter geht es durch Barbate, sieht nett aus, durch den Parque de la Brena & Marismas. Vom Marsch sehen wir allerdings nicht viel, dafür geht es durch einen schönen Pinienwald bergauf. Eigentlich recht schön, nur unsere Erwartungen waren größer. Endlich geht es wieder runter nach Canas de Meca. Am Meer, unweit des Cap Trafalgar (ja genau, da wo Lord Nelson usw…) Wir pausieren in einem Cafe (und ich lerne, dass Hielo Eiswürfel sind aber Helado Speiseeis ist). Auf den letzten 10 km radeln wir mit einem Schotten, der sich hier niedergelassen aht und uns ein wenig von dem Abschnitt hier erzählt. Nach Vejer geht es steil bergauf, 2 km bringen uns völlig ausser Puste…Das Hostal Buena Vista finden wir erst nach mehrmaliger Nachfrage. Die Wirtin ist sehr nett, spricht aber gruseliges Spanisch. Das Zimmer ist neu, sehr sauber, schöne heiße Dusche. Wir wollen trotz Dunkelheit noch das Städtchen erkunden, was sich als sehr romantisch und verwinkelt herausstellt. Überall gibt es Blumen, wir finden den Weg zum Castillo und begegnen einer Parade, auf der Kinder den Hofstaat, es gibt auch eine Königin und verschleierte Frauen. Der Sinn bleibt uns verborgen, wir mögen nicht nachfragen sondern genießen das Schauspiel. Im La Janda essen wir, es läuft (wie überall in der Stadt) Futbol  mit heftiger Lokalbeteiligung. 

5. November 2000   Vejer de la Frontera – Puerto de Sta. Maria  (62 km)

Eine saukalte Nacht liegt hinter uns , im Zimmer liegt beinahe der Raureif, das Aufstehen fällt schwer. Frühstück in einer nahen Bar, wie immer Pan Tostada. Es ist kühl, wir radeln im Pulli und langen Hosen. Recht langweilige Strecke, Ackerland und Kühe (und Kuhreiher die wir nur aus Afrika kennen, scheinen sich hier aber auch wohl zu fühlen). Es sieht nach Industriegebiet aus, nach Sta. Maria führt nut eine Schnellstraße, der Ort soll schön sein??? Er ist es dann doch, und eine Berühmtheit sind seine frischen Meeresfänge, also Fisch und Meeresfrüchte. Das Hosatl Manolo, zu dem wir liebenswürdigerweise von einem Einheimischen gebracht werden, ist „completo“, ich plädiere für die Empfehlung des Reiseführers „Los Cantaros“, teuer aber gut. Desayuno includio, schönes Zimmer, wir nehmen es. Danch Stadtbummel, ab in den Irish Pub, viele junge Leute, gute Musik, wir fühlen uns wohl. Abendessen im El Romenijo – ganz frisch zubereiteter Fisch bzw. Meeresgetier für Karen. Hierher kommen Leute aus ganz Spanien, Feinschmecker um gut zu essen und reichlich mitzunehmen!! Sieht eher aus wie ein Bierzelt, aber das Essen ist super.

6. November 2000   Puerto de Sta. Maria – Jerez de la Frontera   (per Zug)

Frühstücksbuffet!!! Endlich mal wieder Joghurt und Müsli und normale Brötchen. Heute geht es nach Jerez de la Frontera, mit dem Zug ist die Distanz schnell überwunden, Es regnet, wir flüchten zum Shoppen zu Zara, danach in eine Bar zum Tapas essen. Danach besuchen wir die Alcazar, in der auch die Camera Oscura beheimatet ist. Wir haben Glück, die Sonne scheint wieder und das Schauspiel funktioniert ja nur bei gutem Tageslicht. Also rein und staunen, was man so alles sieht per Spiegel auf dem Dach…Ein in spanisch erklärter Rundblick über die Stadt, projiziert via Spiegel und Linse auf eine runde Leinwand, um die man herumsteht wie um einen Tisch. Wir sind recht beeindruckt. Wir schlendern durch die Stadt, Cafe & Kuchen. Dann probieren wir einige Optikerläden (Karen will ne neue Brille), leider nix dabei. Retour nach Sta. Maria stressfrei, die Zugverbindungen sind häufig. Wir landen wieder bei Romijero, diesmal bestellen wir an der Theke (ist billiger!!). Early bed, morgen Ausflug nach Cadiz??

7. November 2000   Puerto de Sta. Maria – Cadiz   (per Schiff)

Wir wollen das langsame Boot nehmen, haben aber Pech, weil das gerade kaputt gegangen ist. Also doch das Schnellboot. Ist gerade weg. Also Zug, auch gerade weg. NERV!! Da das nächste Boot erst in einer guten Stunde geht, bnesuchen wir eine (spanisch geführte) Bodega, Osborne. Wir verstehen nicht viel, ausser dass die Spanier hier im Sherrydreieck leben und es nur drei Städte gibt, in denen „echter“ Sherry gemacht wird. Eben hier, in Jerez de la Frontera und in Sanlucar de Barameda. Recht interessant, aber eben leider in sehr schnellem Spanisch vorgetragen, auch Karen versteht nur die Hälfte. Viele 650 l Fässer, zum Schluss wird verkostet (auch nicht unser Ding), und das war´s. Zurück zum Boot. Das Schnellboot ist da und es geht gleich los. Es schaukelt heftig, aber in 15 min. sind wir „drüben“. Cadiz ist eine schöne Stadt, schöne Hafenmauer, eine der ältesten Städte Europas (ca. 3000 Jahre). Das Castillo ist enttäuschend, es wird gerade renoviert und es gibt nix zu sehen. Im Museum gibt es für EU Bürger freien Eintritt. Tolle archäologische Abteilung mit Steinsarkophagen, Schmuck und Utensilien aus der Bronzezeit bis zu den Römern. Im 1. Stock ist eine Goya Sonderausstellung, aus der Kathedrale sind gerade riesige Halbrunde Bilder hier, die in Kürze wieder an ihrem Platz an der Kuppel hängen werden und aus dieser Nähe so schnell nicht wieder zu sehen sein werden. Sehr schön!!

In der Bar an der Kathedrale beeindruckt die deutsche Speisekarte: Hier gibt es „Hausen in Wurztunke“, wir bestellen lieber Cafe con leche und eine Bocadillo con queso, sicher ist sicher…

Beim Optiker in der Fuzo erstehen wir eine neue Brille für Karen, österreichisches Gestell mit deutschen Gläsern zum spanischen Preis, das ist Europa!! Und billiger ist es hier auch noch, unglaublich. Außerdem ist die Brille in 2 Stunden abholbereit, in Berlin dauert so was u. U. mehrere Tage. Wir sind begeistert. Ebenso schön ist übrigens das Licht hier in der Gegend, es ist schon dunkel und trotzdem kommt von Westen her ein ganz eigenes Licht über das Meer, daher wohl auch der Name der „Costa de la Luz“. In einem Riesigen Gummibaum sitzen tausende Vögel, die einen solchen Lärm machen, dass man sich kaum unterhalten kann.

Mit dem Speedboot geht es um 22 Uhr retour, noch schnell Tapas in einer Bar, sehr lecker. Auch der Rioja schmeckt prima. Ein toller Tag!

8. November 2000   Sta. Maria  –  Sanlucar de Barameda  (45 km)

Wir gehen den Tag gemütlich an. Im TV wird der Sieg G. Bushs bei der US – Presiwahl verkündet. Wir genießen das letzte Frühstücksbuffet, unterhalten uns mit den Düsseldorfer Nachbarn, die um 244 DM nach Sevilla geflogen sind und jetzt mit dem Auto durch Andalusien fahren. Wir möchten nicht tauschen….

Es geht durch flaches Gelände, ich finde den Abzweig nach Sanlucar nicht, wir radeln daher einen kleinen Umweg, der uns durch Baumwollfelder (!) führt. Es liegen viele tote (flache) Tiere am Wegesrand. Viele Weinanbauflächen, klaro, irgendwoher müssen die Trauben für den Sherry ja kommen. Die Einfallstrasse nach Sanlucar sieht nicht schön aus, der Ort ist es aber doch. Wir besuchen gleich eine kleine Bodega, (La Cigarra), wo Manzanilla hergestellt wird und bekommen ein sehr nette Privatführung auf schlechtem Englisch, aber mit Händen und Füssen verstehen wir den Werdegang des Sherrys bzw. des Manzanillas.

La Cigarra ist übrigens noch in spanischen Händen (seit 1758), die meisten großen längst an amerikanische Konzerne verkauft (wie Osborne). Unsere Führerin (die Schwägerin des Chefs) empfiehlt uns noch die Tapasbar und wir verabschieden uns freundlich. Wir suchen eine Unterkunft, wollen auch mit dem Boot in den Nationalpark, das ist aber ausgebucht für morgen, also erst mal raus aus dem ort und Richtung Bonanza (gibt es hier wirklich) und La Agaida, allerdings drehen wir nach 6 km um, soweit draußen wird das mit dem Besuch der Tapasbar schwer. Die Pension La Blanca Palma gefällt mir nicht, dafür das Los Hecheros. (6.000 ptas). Ab zur Fabrica de Hielo (Eisfabrik), ist heute das Infozentrum des Nationalparks. Die Frau erklärt uns, dass es in El Rocio schöner ist als mit dem Boot den Fluss rauf, und so reift der Paln in uns, doch den Strand lang bis Manzalascanas zu radeln, das geht auch, sagt man uns, nur auf die Gezeiten muss man achten. Wir planen also um, wollen am nächsten Morgen um 7 Uhr rüber auf die andere Flussseite und doch das Abenteuer, vor dem im Internet gewarnt wurde, weil da jemand bei Flut kaum durchgekommen ist. Wir planen also einen Ruhetag ein und wollen es versuchen. Im Infozentrum gibt es eine Diashow, gut gemacht mit Musik und tollen Bildern des Wildlife. Die Wrtezeit bis zur Öffnung der Tapas Bar überbrücken wir mit TV (Stierkampf), Karen revidiert ihre Meinung bezüglich der Chancengleicheit, ein blutiges Schauspiel. Die US Wahl ist immer noch offen, kann auch noch dauern, komisch das alles. Abends gehen wir dann in die Tapasbar, WOW!! So viele unterschiedliche Tapas hatten wir noch nicht. Wir bestellen bekanntes und unbekanntes (nie wieder Huelvas, sind das Stierhoden oder Fischeier??- widerlich). 

9. November 2000   Sanlucar de Barameda

Wir schlafen lange, danach Cafe im Hotel (billig) und ab zum Strand. Der Ort liegt sehr idyllisch an der Mündung des Gualdaquivir, auf der anderen Flussseite beginnt der Parque de Donana. Wir radeln ins Touristoffice und erhalten andere Ebbe / Flut Zeiten als gestern. Was stimmt denn nun? Ausserdem erfahren wir, dass wir uns für die Durchquerung des Parkes anmelden müssen. Machen wir, kostet nix. Danach sitzen wir auf der Kaimauer, lassen den Blick schweifen, lesen und schreiben Tagebuch.Es ist schön hier, und ein Abenteuer wartet auf uns.Ein riesiges Containerschiff braust den Fluss hoch Richtung Sevilla. Am Strand gehen wir in ein Restaurant, es ist gut besucht, aber nicht gut, dafür teuer. Karen vermisst bereits Romijero. Ein Flamencosänger singt, ein Blumenverkäufer versucht sein Glück (Nelken). Naja.  Ein ruhiger Tag.

Wir versuchen uns am Strandradeln, es geht ganz gut, man muss nur aufpassen, dass man auf dem festen, nassen Untergrund bleibt. Es gibt auch ein Internetcafe hier, aber ziemlich stark reglementiert, nur eine Person pro PC, ein Quatcsh, Karen muss draußen bleiben, dann „Wach“- Ablösung. Wir geniessen noch ein Eis in einer Heladeria, mit 2 x Tarte, die unterschiedlich aussehen, aber gleich (gut) schmecken. Ab ins Hotel, früh schlafen (kann ich kaum, das bevorstehende Abenteuer und die Warnhinweise aus dem Internet sind in Erinnerung und halten mich wach).

10. November 2000  Sanlucar de Barameda – El Rocio  (55 km)

Um 6.30 piept der Wecker, es ist stockdunkel draußen, da hat es keinen Sinn, wir können doch erst los, wenn man das Wasser vom Strand unterscheiden kann. Also wälzen wir uns noch ein wenig hin und her, frühstücken Banane und Joghurt und schließlich geht es los. Es ist ziemlich kalt, trotz Pullover und langer Unterbüxen an den Händen friert es uns ganz schön. Um 8 Uhr setzen wir mit der kleinen Fähre über, ich bin nicht gewillt, mehr als 1000 Ptas für die Überfahrt zu bezahlen, man will uns aber nur Hin- und Rückfahrt verkaufen, wir wollen aber nur „One Way“ und für die Räder gilt das auch. Also klappt das mit den 1000 Ptas auch. Der wind pfeift, und die Sonne geht gerade auf. Ob wir mit Gepäck radeln können? Es klappt ganz hervorragend, wie auf der Strasse, sodass wir uns wundern, warum die beiden im Internet davon abraten und nur geschoben haben. Wir fliegen begeistert dahin, nun gut, an manchen Stellen muss man aufpassen und schneller treten, damit das Hinterrad „Grip“ hat, aber es geht hervorragend. Mit ca. 15 km/h radeln wir schnell über den Strand. Außer einigen Fischern, die Muscheln per Netz aus der Brandung holen, sind wir allein. Auch die Guardia Civil wird uns später noch begegnen, aber nicht weiter beachten. Ansonsten endloser langer Sandstrand mit vielen unterschiedlichen Möwenarten, an der Landseite durch Wanderdünen vom Land begrenzt, diese wandern etwa 6 m pro Jahr landeinwärts wandern, bis sie an die Marismas (Marschland) stoßen und von dort wieder ins Meer gespült werden, wo der Kreislauf von neuem beginnt. Es ist sehr schön an diesem 30 km langen Strand, da taucht am Horizont auch schon Mascalenas – der Retortenort am anderen Ende der Donana – auf und wir beschließen, nach gut 16 km eine Rast einzulegen. Außer uns ist keinen Menschenseele zu sehen, wir sind ganz allein an einem 30 km langen Sandstrand und picknicken in der Sonnen, die mittlerweile schön warm ist. Die Flut kommt langsam aber stetig den Strand hoch, wir merken es deutlich, immer öfter sinken die Räder ein und wir müssen schieben. Es ist jetzt 11 Uhr und in 2 Stunden ist Hochwasser. Der Strand ist dann nur noch von den Jeeps der Ausflugsfahrten befahrbar, nicht mehr von uns. Die letzten km schieben wir mehr als dass wir radeln können, jetzt können wir verstehen, wovor die beiden Deutschen gewarnt haben, es ist wohl so, dass um die Ebbe herum der Strand gut zu beradeln ist, aber wehe, wenn einen die Flut hier erwischt. Man säuft zwar nicht ab, aber man ist mit Gepäck auf dem Rad nicht in der Lage, vernünftig vorwärts zu kommen. Wenn man genügend Zeit hat, kann man die Zeit ja mit warten verbringen, aber die Tide wechselt hier nicht so schnell, etwa 5 Stunden liegen zwischen Ebbe und Flut. So kämpfen wir uns durch den unwegsamen Sand, teils mit nassen Füssen, es ist sauanstrengend. So muss es den beiden aus dem Internet gegangen sein, die waren sicher bei Hochwasser unterwegs. Auch wir bedauern, nicht eine Stunde früher unterwegs gewesen zu sein, aber da war es ja noch finster, wäre also auch nicht gegangen. Irgendwann ist es geschafft, die letzten Meter schaffen wir auch noch, und werden von alten Spaniern (ja, hier gibt es wohl kaum Deutsche) angestarrt wie Marsmenschen… Das kennen wir ja schon. Wir erholen uns bei 4 cafe con leche an der Strandbar, wir genießen den tollen Ausblick aufs blaue Meer, halten einen kurzen Schwatz mit (ja, doch) einem Deutschen, der dem Altersdurchschnitt hier gut entspricht (weit jenseits der 60) und haben ein Abenteuer hinter uns.

Bis El Rocio geht es schnurgerade den Nationalpark entlang (ca. 20 km) auf Asphalt mit wenig Verkehr. Wir können nebeneinander radeln und uns unterhalten. El Rocio fällt durch seine weiße große Kirche auf, die man von weitem sieht. Es ist einen kleine Stadt, die wie eine verlassenen Westernstadt aussieht, mit Sandpisten statt Wegen und jeder Menge Pferdespuren im Sand. Im ersten (großen) Hotel finden wir ein Zimmer für eine Nacht, die Flure sind lang und der Schuppen soll trotz der Größe und des Preises (8600 Ptas & VAT) nur noch 4 Zimmer fürs Wochenende haben? Kaum vorstellbar…Die anderen Pensionen und Hotels sind ausgebucht also bleiben wir wo wir sind. Die Räder dürfen mit aufs Zimmer, was die Anfahrt über den Flur erleichtert…Eigentlich wollen wir hier ein paar Ausflüge (gern zu Pferd) in den Nationalpark machen, aber auch das ist für das Wochenende und darüber hinaus völlig ausgebucht und die (recht unfreundliche, nur spanisch sprechende) Reisebüro(fach??)frau hat auch keine Interesse an uns. So beschließen wir, schon am Sonntag abzureisen (Gott sei dank hatten wir vorher das Zimmer bezogen, sonst hätten wir es nur für zwei Nächte wohl nicht bekommen, und was dann??) und den Park – soweit möglich – selbst zu erkunden. Dazu kann man unweit vom Ort zu Beobachtungsstationen (La Rocina) radeln, gerade in der Dämmerung sehen wir unzählige Vögel (Fernglas mitbringen!!) in wunderschöner marschiger Landschaft. Neben vielen Entenarten Kuh- und Löffelreihern sehen wir auch den ersehnten „Gatamón común“ , einen tiefblauen Vogel mit rotem Schnabel und ebensolchen Beinen, sehr groß und sehr schön!!

Am Abend versuchen wir etwas zu essen zu bekommen, es gibt im Hotel Büfett, das wollen wir nicht, also versuchen wir die Empfehlung des Portiers, umweit in einem schmucken Häuschen (scheint aber eher ein Feinschmeckerlokal zu sein). Es ist leer, der Kellner versteht nur spanisch und wir sind etwas hilflos. Die Preise sind uns VIEL zu hoch, also ziehen wir wieder ab, sehr zum Bedauern des Kellners und seines Patrones. Wir landen im „Tornuo“, wo wir leckere Coquerones de la Costa (Muscheln, genau die die die Fischer heute morgen am Strand gefischt haben und ich einen Fisch namens Corvina de la Cosat (Ist übersetzt mit Adlerfisch, was immer das ist). Jedenfalls ist alles sehr lecker, der Kellner freut sich über uns und wir über das gute Essen. Retour im Hotel unter die Wolldecken (es ist ziemlich frisch), die (meist alten) Spanier im Hotel sind laut und zahlreich.

11. November 2000    El Rocio und Umgebung (27 km)

Nach kalter Nacht (trotz Wolldecken, aber wenigstens in langen Betten), aufstehen Cafe und Toast in der Cafeteria (am nächsten Tag sollten wir ein ordentliches Frühstück bekommen), Bummel durch die lebendigeren Sandpisten des Ortes zum Supermarkt. Wir kaufen Brot, Joghurt, Mandarinen, Käse. Wir radeln nach Acebuche (ca. 13 km) Es fährt sich schnell ohne Gepäck – klasse!! In Acebuche, dem Zentrum des Nationalparks ist es voll, laut und voller Touris. Wir tragen uns in die Warteliste für eine Jeeptour ein, ohne echte Aussicht auf Erfolg. In der Zwischenzeit begehen wir den Holzsteg zu den einzelnen Beobachtungshütten. Sehr schön, was sich uns so präsentiert. Viele Enten, groß und klein, Reiher, Blesshühner, Raubvögel in beeindruckender Landschaft. Der Feldstecher leistet gute Dienste. Wir entdecken auch einen besonders schönen bunten Vogel, leider weist das angebrachte Schild in der Hütte den Vogel aus, aber der Name ist verrutscht, wir wissen also nicht, was wir sehen. Macht nix, ohne ornithologische Bestimmung ist er auch schön. 

Um 16 Uhr geht es wieder nach El Rocio, das sich vor der Kirche rummelmassig voll präsentiert. Da man uns in den kurzen Hosen misstrauisch beäugt, ziehen wir uns im Hotel lange Hosen an und besichtigen auch die (moderne) Kirche von innen. Die Leute tragen große Sterne mit Gesicht (das der heiligen Señora von El Rocio? – Wir wissen es nicht). Bei der Pension Christina haben wir Glück, es ist zwar alles vorbestellt, aber die Spanier essen ja viel später als wir, also können wir für eine Stunde einen Tisch bekommen. Das Essen ist na ja, für die erste Paella auf der Tour nicht schlecht, aber das „Pling“ der Mikrowelle macht dann doch stutzig…Danach noch mal ins Tortuño, Jamon de Iberico muss probiert werden!! Leckerer, aber auch sehr teurer Schinken, vom schwarzen Schwein (und wenn das nur mit Eicheln gefüttert wird, werden seine Haxen „vergoldet“, dann heisst das Jamon de Iberico de Bellostas) Vino Tinto dazu.

Auf dem Heimweg treffen wir auf einen kleinen Umzug, der gerade an einer Hausveranda Station macht. Es gibt Musik (Trommeln & Pfeife) und 4 Tänzerinnen (ob das auch Flamenco ist? Es sieht jedenfalls sehr anmutig aus). Wir bleiben nur kurz, wollen nicht stören.

12. November 2000    El Rocío – La Rábida (65 km)

Um 8 Uhr piept der Wecker. Wir überlegen ernsthaft, als Rache für die laute Nacht, eine klingelnde und rufende Rundtour über die Gänge zu machen, aber die Spanier beeindrucken wir damit wohl kaum, also lassen wir es. Frühstück im Salon Romero, wo ein süßes Büffet aufgebaut ist, wir schlemmen und zahlen – nix. Hätten wir das gestern auch schon haben können? Egal, wir essen für zweimal. Zum 4. Mal radeln wir die 20 km lange, schnurgerade Strecke nach Matalascañas immer an der Doñana entlang. Die Gläubigen werden Busweise zur Prozession gebracht, immer wieder überholen uns Busse mit großen Zahlen in der Frontscheibe. Abzweig Richtung Mazagon, auch eine schnurgerade Strasse entlang der Doñana sodass wir mit Rückenwind und nebeneinander radelnd & plaudernd mit 25 km/h dahinfliegen. Die Strasse ist mit Pinienwäldern gesäumt, sehr idyllisch, wenig Verkehr. Kurze Mittagsrast mit Blick auf den Damm vor Huelva, der wohl als Wellenbrecher dient. Wir wollen auf alle Fälle die original Nachbauten der Schiffe von Columbus sehen, die wurden zur Weltausstellung in Sevilla gebaut und danach hierher, nach La Rábida gebracht, wo das Kloster steht, in dem Christoph Columbus vor der Abreise nach Amerika 18 Monate verbracht hat. Die Strasse führt durch ein Industriegebiet, eine Cepa Raffinerie, es erinnert an Algeciras, es stinkt und wir sehen Qualmwolken über Huelva. Wir biegen Richtung Palos de la Frontera ab und gelangen kurz vor dem Ort La Rábida zum Kloster. Hier trug der Beichtvater von Columbus das Seinige zur Entdeckung Amerikas bei (nämlich die beschleunigte Finanzierung bei Königin Isabel). Die Besichtigung des Klosters ist obligatorisch, es führt ein Mönch schnell durch die Räume, schöne (aber nicht sehr alte) Fresken und ein illustrer Innenhof. Im Obergeschoss ist viel über Columbus zu sehen, Schiffsminiaturen, Briefe mitgebrachte Erde, Flaggen etc. Zum Abschluss gibt man eine kleine Spende (wir auch) und kauft Postkarten. Dann zum Museum die Treppe runter, ein Neubau am Wasser. Vor uns pisst ein Spanier ungeniert an die Treppenbegrenzung, ist fast wie in Neukölln…Das Museum ist ein Highlight für mich, alle 3 Schiffe liegen vertäut am „Hafen“, man kann raufgehen und sich einen Eindruck davon verschaffen wie vor mehr als 500 Jahren über den Atlantik gesegelt wurde. Unglaublich, diese Nussschalen!! Die Santa Maria ist mit 30 m Länge noch das größte Schiff, die beiden Begleitboote Niña und Pinto sind ziemlich klein. Meinen Respekt, Christopher – das war eine grandiose Leistung!! Rund um die Schiffe wird ein wenig multimedial (allerdings nur auf spanisch) das Leben der Naturvölker demonstriert. Wir trinken Kaffee in der Museumskneipe und machen uns langsam auf den Weg zum Hotel, das ein paar hundert Meter weiter bergauf liegt. Saubere Zimmer aber kaum was zu essen, eben Nebensaison…Nachts regnet es.

13. November 2000    La Rábida – La Isla Christina (75km)

Wir werden erst mal ordentlich überrascht, dass es gar kein Frühstück gibt. Die Cafeteria hat zu, das gestern noch geöffnete Restaurant auch, also ohne Frühstück los. Die Rezeptionistin lächelt uns böse hinterher (die hätte uns doch gestern schon sagen können, das es gar keine Frühstücksmöglichkeit gibt – armes Spanien). Wir radeln also los. Es gibt neben dem Kloster ein geöffnetes Cafe und dort (wie schon so oft) Cafe con leche und Pan Tostada… Auf geht’s. Es hat stark geregnet und es sind teils tiefe Pfützen auf der Strasse. Es geht autobahnmässig über ne Brücke und rein nach Huelva, wo wir ins Centro abbiegen. Zufällig stoßen wir auf eine Tourist Info, ein freundlicher Mitarbeiter händigt mir Stadtplan und Algarve Karte aus. So ausgerüstet kann ja nix mehr schief gehen. Wir verfahren uns trotzdem und landen auf der angeblich einzigen Brücke raus aus Huelva (Autobahn mit LKWs), daneben liegt noch einen andere, kleinere Brücke, die ist kaum befahren und wir versuchen es. Mitten auf der Brücke stellen wir fest, dass das eine Einbahn (in die andere Richtung) ist, trotzdem weiter. Es klappt auch, es ist eigentlich eine Ausfahrt von der anderen Brücke in Gegenrichtung, also müssen wir runter, sonst werden wir zu echten Geisterfahrern. Also unter der Autobahn durch und dann ein Stück nebenher bis zum Ende der Leitplanke und wieder rauf. Eben ein Stück durch den Sand. Sand? Das ist Lehm vom feinsten / fiesesten – im Nu sind die Räder völlig verdreckt und verklebt, die Reifen blockieren, es hilft nur noch tragen und über die Leitplanke auf Asphalt. Dort versuchen wir die Räder vom Dreck zu befreien, neben uns braten die LKWs vorbei, es ist grausam. Nix wie weg hier. Die nächste Ausfahrt raus, nach einer Tanke mit Schlauch fragen, die gibt es 10 km weiter auf der Autobahn, wenigstens in der Richtung, in die wir wollen… Also los. Wir spritzen mit viel Mühe den Dreck ab, müssen dann nicht die Ketten ölen, Gott sei Dank ist die Tankstelle gut ausgerüstet. Weiter geht es jetzt bei etwas weniger Verkehr, trotzdem ist das kein Spaß. Am Meer angekommen, geht es Richtung El Rombido, wo wir Proviant kaufen und weiterradeln. Auf der N431 geht es mit viel Verkehr weiter, das Wetter ist schön, aber Gegenwind. So geht es bis Lepe (Erdbeerzentrum), ziemlich ätzend. In Lepe dann links ab, Richtung Meer, durch La Islantilla, Retortenort, hier wird gebaut, was das zeug hält, jetzt ist alles wie ausgestorben, wir finden ein geöffnetes Hotel, aber es gefällt uns nicht (zu modern und gar nicht spanisch, außerdem leer). Der Strand ist schön, auch die Pinienwälder, aber die ganzen Betonburgen, es ist grausam. Wir radeln weiter bis Isla Christina, einem angeblich gewachsenen Ort, wo wir von einem freundlichen Bauarbeiter in Hostal Brisamar geschickt werden, das gefällt uns aber nicht, also weiter ins Hostal Gran Via. Das gefällt uns auch nicht, aber was soll’s. Hier stellen wir fest, dass wir unser Reisetagebuch im 74 km entfernten Hotel Santa Maria liegengelassen haben. MIST!!! Also dort anrufen ein Fax schicken, hoffentlich sehen wir es wieder (hat geklappt). Auf der Suche nach einem guten Restaurant werden wir ins „Acosta“ geschickt, dort gibt es super Paella – mit Gambas (hier eine Spezialität) & Muscheln. Sehr lecker.

14. November 2000    La Isla Christina – Tavira (Portugal)   (42 km)

Frühstück in der Bar nebenan, es hat mal wieder geregnet, ab in die Kälte. Erst rauf zur Hauptstrasse und ab nach Ayamonte, wo wir rasten und die Fähre nach Portugal nehmen. Einige Touris sind unterwegs, aber hauptsächlich transportiert man Alkohol und Zigaretten nach Portugal (?). Aha, es scheint dort also teurer zu sein. España – Hasta Luego!!! Es hat uns Spaß gemacht, Dich zu bereisen, wir kommen wieder!! In Porto gehen wir von Bord, wechseln Geld und radeln auf nicht zu beradelndem (weil nicht vorhandenen Seitenstreifen Richtung Faro. Autos und LKWs knallen dicht an uns vorbei – anders als in Spanien halten die hier keinen Abstand zu Radlern ein, kennen das wohl nicht. Wir pausieren in einer Raststätte – wo wir auch den Regen abwarten – und essen ganz gut, aber ziemlich teuer. Weiter geht es in Regenklamotten nach Tavira, dort ins posto de turismo (so heißt das hier), Adressen fürs Internetcafe, den Waschsalon und eine Pension (Mares) springen raus. Man ist sehr nett hier, der Ort ist auch ganz schön. Mares liegt direkt am netten Fluss (oder Kanal), nette Leute, nettes Zimmer, die Räder verschwinden hinter der Theke im Aufenthaltsraum des Personals, wir unter der Dusche. Mittlerweile ist es dunkel (auch eine Stunde früher als in Spanien), wir suchen einen Supermarkt und stellen fest, dass einkaufen hier ziemlich teuer ist. War Portugal nicht mal das Armenhaus Europas?? Muss lange her sein….

15. November 2000    Tavira – Faro  (38 km)

Nach dem leckeren Frühstücksbuffet packen und los. Es radelt dich ab hier auf breiterem Seitenstreifen gut Richtung Faro – Links das Meer, und rechts die Palmen, oben die Sonne und unten der Asphalt, und wir radeln bis die Füße qualmen und erreichen Faro bald. Die Sonne scheint und wir sind fast am Ende unsrer Reise angekommen. Nach mehreren Hotelbesichtigungen (gefallen uns alle nicht) landen wir im „Eva“ – bestes Hotel in Faro. Extrem hochnäsige Rezeptionistin (die nicht schnallt, dass wir ein wenig portugiesisch verstehen),empfiehlt uns ein Zimmer für DM 150,- , das schön ist. Die Stadt ist schmucklos und scheint uns sehr teuer. Wir nehmen uns vor, die letzten Tage zu genießen und nicht aufs Geld zu schauen. Die letzten beiden Tage vergehen mit Fahrradtransportschachteln suchen (und in einem Fahrradladen finden, KLASSE) und die Seele baumeln lassen. Faro gefällt uns nicht, also warten wir sozusagen die Heimreise ab. Aber es gibt einige gute Restaurants hier, die versuchen wir noch, das essen ist gut, aber wie gesagt, gerade im Vergleich zur Provinz Huelva ziemlich teuer.

16. November 2000    Faro

Nichts besonderes, wir organisieren die Schachteln und drücken uns in der Stadt rum. Das Frühstücksbuffet im Eva ist allerdings klasse, tolle Aussicht über den Hafen und essen bis zum Umfallen.

Wir verbringen den Tag mühselig, eigentlich wollen wir nur noch nach Hause.

17. November 2000     Faro – Berlin (Flug)

Im Hotel verpacken wir die Räder in die Schachteln, nach mühseliger Diskussion mit der Tante an der Rezeption findet sich auch ein Lastentaxi (über eine travel agency) , das uns zum Flughafen bringt. Für ein Hotel dieser Kategorie ist die Dame reichlich unverschämt. Na ja, was soll’s wir sehen sie nicht wieder. 

Abflug nach Berlin via Mallorca, wo einige blasierte Golfer zusteigen. Ciao, Südwesteuropa, es hat uns gut gefallen!!! In Berlin dann ein Lastentaxi (via Internet / Papa in Berlin vorbestellt), endlich wieder zu Hause.

P.S.: am 21. November 2000  trifft unser Tagebuch per FedEx ein (das kostet mal eben 115,- DM, aber die Erinnerungen wären sonst verloren und stünden nicht hier nachzulesen)

verfasst von Oesi

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