Reisebericht Graz – Wien 2003
20.6.2003 Berlin – Linz – Graz (Nachtzug)
Zum Schluss wird es dann – wie immer – doch noch hektisch, packen in letzter Minute. Mal wieder die Arbeit. Wir sind ganz schön ausgezehrt, fertig und brauchen diesen Urlaub dringend. Spät genug geht er nun los, eigentlich wollten wir längst in Slowenien sein, nun wird es vielleicht doch „nur“ Österreich. Nur? Immerhin habe ich in diesem Land lange gelebt und freu mich auch darauf, meine Studentenstadt Graz mal wieder zu besuchen, außerdem ist sie Kulturhauptstadt 2003, da ist doch bestimmt was los!
Die Ortlieb Taschen, die uns nun schon seit Jahren gute Dienste leisten sind halb leer, was haben wir vergessen, die waren doch sonst immer voll?? Egal – los. Wahrscheinlich haben wir sowieso zuviel dabei, das Wetter sieht für die nächsten Tage heiß aus, da brauchen wir doch keine Regenklamotten oder einen dicken Pullover, oder? Na ja, zur Vorsicht nehmen wir doch was mit. Dank der vielen Mikrofaser – Shirts wird das Packmaß auch kleiner.
In letzter Minute planen wir doch noch mal um, ich buche ein Hotel (Hotel am Dom, Bürgergasse – Empfehlung von Karens Arbeitskollegen) per Internet und freue mich über ein gutes Hotel in der Stadt um günstige 80,- Euro pro Nacht.
Ab zum Bahnhof, das Wetter sieht bedrohlich aus, wir schaffen es gerade vor der Sintflut. Der Euronight wird am Ostbahnhof eingesetzt, dank „Raumpatrouille Orion“ und Umbuchung haben wir ein 2-er Abteil. Karen verstaut die Räder im ersten Waggon und ich beziehe das Schlafwagenabteil. Doch welche Enttäuschung, es hat, ganz im Gegensatz zum DB Nachtzug keine Dusche, sondern nur ein Mini Waschbecken. Dafür zahlt man den stolzen Preis von gut 75 Euro pro Person & Richtung!! (also 300 Euro!!) – Das nenne ich Nepp. Wir gehen früh in die Falle, sind gut groggy. Eine unruhige, laute und sehr gerüttelte Nacht wartet auf uns.
21.6. 2003 Graz
Um 5 Uhr früh frühstücken, wir haben kaum geschlafen, es war entweder zu kalt oder zu warm, außerdem ziemlich laut (wenn man mit einem ICE vergleicht, weiß man, wie leise es in einem Zug sein kann, das leistet der Euronight überhaupt nicht, und wieder keine Rechtfertigung für diesen Preis!!) Danach Umsteigen in Linz, danach geht es weiter durch das aufwachende Österreich nach Graz. Dort angekommen (9 Uhr), schwingen wir uns durch die Stadt in die Bürgergasse, ins Hotel. Wir fragen nach dem Weg und werden höflich weitergeleitet, der steirische Dialekt ist für Karen ungewohnt, sie versteht nur die Hälfte („Dou vuan miassts eini iban Plouts un nouch a poa meitan seiits dou“) . Nach dem „Raunz“ – Faktor war die freundliche Auskunftsperson aus der tiefsten Steiermark…
Zum Glück ist um 10 Uhr unser Zimmer schon frei, wir können also duschen und etwas „ankommen“. Im Schrank finde ich dann den Hinweis, dass das Zimmer 160 Euro die Nacht kostet, da habe ich mich im Internet wohl verlesen, später stellt sich raus, dass das Angebot im Netz mit den 80,- Euros nicht „pro Nacht“ gemeint ist, sondern „pro Nächtigung“, und da wir 2 sind, sind das auch 2 Nächtigungen… Österreichische Rechnungsarten. Später sollten wir noch einige davon präsentiert bekommen (siehe Güssing). Macht nix, wir sind im Urlaub. Ich ärgere mich trotzdem. Stadtbummel durch das wirklich sehr schöne Graz. Das Wetter ist super. Es ist verblüffend wie viele Fahrräder hier herumstehen und auch fahren – als ich hier studiert habe, ist mir nie aufgefallen, wie fahrradfreundlich die Stadt ist. Aber vielleicht hat sich in den letzten 14 Jahren (ja ja, so lange ist das her mit dem Abschluss des Studiums) auch einiges geändert. Mit dem Lift neben der Marienstatue, die in Richtung Hauptplatz blickt, hat man die Möglichkeit, für die Dauer einer Minute die selbe Perspektive wie die Gottesmutter zu haben. Klasse Idee (siehe Bild unten)!! Uns gefällt Graz sehr!!
Unsere Räder stehen gut gesichert in der am Wochenende geschlossenen Vinothek des Hotels. Wir shoppen (Karten kaufen, nach Fahrradhandschuhen für Karen suchen) und essen Eis. Ich entdecke bei Libro das Buch „RadFernWege in Österreich“ und darin einen Radweg der durch das ganze Burgenland führt, den sogenannten Jubiläumsradweg. Genau was wir brauchen. Wir schreiben eine Karte an Julia nach Slowenien, dass wir nun doch nicht kommen. Nachmittags ein Nickerchen, die 160 Euro wollen abgewohnt werden. In der Hotelbroschüre steht, das sei der „Rolls Royce“ unter den Hotels, das können wir nicht bestätigen, die angepriesenen Pralinen gibt es nicht und der „individuelle Raumduft“ funktioniert wegen der leeren Parfümflasche auch nicht. Aber das (Marmor) Bad ist wirklich super, mit Whirlpool, nur ist uns zu warm, um ihn auszuprobieren.
Abends dann noch mal los, wir haben inzwischen beschlossen, doch nur die eine Nacht in Graz zu bleiben, wir wollen aufs Land. Im nahen Gambrinuskeller (im Gastgarten, kein Mensch geht bei den Temperaturen nach drinnen, außer dem Kellner) essen wir gebackenen Emmentaler (Hmmm) und Rasnijci, dazu gibt es Radler und Bier. Danach erneuter Stadtrundgang und Fahrt auf den Schlossberg. (2x schwarz mit dem Lift, der Automat konnte nicht wechseln und ich hatte kein Kleingeld; da ich 8 Jahre in Graz studiert habe, verzeiht mir die Stadt dieses Fehlverhalten hoffentlich). Der Uhrturm hat einen „Schatten“ bekommen (siehe Bild oben), sieht nett aus. Danach schlendern wir über die Murinsel zum Thielenberg – Palais, das noch nicht fertig gestellt ist, und wohnen einem Musikevent bei, bei dem mit Gameboys Musik gemacht wird, 3 Leute synchronisieren ihre Gameboys und es entsteht Musik (technoartig, gar nicht so schlecht). Danach trinken wir noch einen Absacker im Haring, der alten Stammkneipe im Bermudadreieck, zu meiner Zeit noch eher verrucht, heute ein absoluter In – Treff, gut 7-8 Lokale auf engstem Platz und alles voll. Es ist ja auch noch Samstag nacht. Karen wiederholt mehrere Male, dass sie sich vorstellen könnte, in Graz zu leben. Das ist doch das schönste Kompliment an diese Stadt!
Ab ins Bett. Leider haben wir ein Zimmer auf die Gasse raus, gegenüber ist Party bis 6 Uhr früh und es ist zu heiß, um das Fenster zu schließen. Ein Grund mehr aus der Stadt zu flüchten…
22.6. 2003 Graz – Bad Radkersburg (96 km)
Nach lauter Nacht gibt es erst mal leckeres Frühstück, hier zeigt sich dann doch das gute Hotel. Obwohl Karen in einem 4 Sterne Hotel (und insbesondere im Rolls Royce) nicht erwartet hätte, dass die Kellnerin in Gesundheitsschlappen ohne Uniform rumläuft. Da ist es woanders doch noch „Rolls Royc-iger“ 😉 …2 Brötchen, Birnen und Bananen nehmen wir als Proviant mit. Packen, zahlen und los. Der Murradweg (deutlich als R2 beschildert) ist nicht zu verfehlen. Wunderschön asphaltiert geht es direkt an der Mur entlang Richtung Süden. Es sind viele Radler unterwegs, vereinzelt einige Skater, viele Läufer benutzen ebenfalls den Radweg, teils stellt er die „Murlaufstrecke Süd“ dar. Uns gefällt es, super Piste. Wir kommen gut voran, entfernen uns langsam aus der Stadt und radeln vorbei an Feldern und an „Rosis Schenke“ (Gruß an Rosi!).
Der erste Storch findet sich auf einem Feld ein und wir merken, dass die Entscheidung, hier (im flachen Land) zu radeln, genau richtig war. Die Sonne brennt vom Himmel, es ist gut warm, bestimmt 35 Grad. Es gibt entlang des Radweges immer mal wieder Einkehrmöglichkeiten, insbesondere am heutigen schönen Sonntag sind viele Leute unterwegs und alle Imbisse und Gasthäuser haben geöffnet. Später verläuft der Radweg direkt entlang der slowenischen Grenze, bei Spielfeld unterqueren wir die Autobahn, die an dieser Stelle nach Slowenien führt. Es gibt also öfter Ausblicke ins Nachbarland, zum Teil bildet die Mur die Grenze, auf der anderen Flussseite liegt unser früheres Reiseziel. Uns ist diesseits der Mur schon warm genug…
Gut 20 km vor Bad Radkersburg bekommen wir Begleitung, ein älterer Herr zeigt uns den an einer Baustelle nicht gut beschriebenen Weg und radelt eine Weile mit uns. Er radelt gern von Leibniz nach Bad Radkersburg, das sind hin und zurück auch 70 km, alle Achtung. Wir finden die Tour klasse und sind nach gut 90 km angekommen. Die Zimmersuche gestaltet sich relativ einfach, wir suchen erst nach dem Kapuziner-Turm, aber als sich der als Jugendherberge rausstellt, drehen wir ab und landen in der Pension Ferk. Das Zimmer ist prima. Wir waschen uns und die verschwitzten Klamotten und folgen der Wirts-Empfehlung ins gut 4 km entfernte Gasthaus Lindenhof, wo es Backhendl geben soll. Karen bestellt eins, es ist aber nicht so gut wie in ihrer Österreich-Reminiszenz abgespeichert, mein Cordon Bleu ist allerdings richtig lecker. Wieder retour in der Pension ist ruhen angesagt, endlich eine ruhige Nacht!
23.6.2003 Bad Radkersburg – Güssing (79 km)
Es wird heiß heute. Bereits um 9 Uhr brennt die Sonne, es sollen heute gut 35 Grad werden. Na prima. Das Frühstück bei einem netten Plausch mit Herrn Ferk ist schnell beendet, auf Wiederschauen! Wir radeln den teilweise recht dürftig beschilderten Weg R 12 bis nach Kalch im südlichsten Burgenland, von wo der R1 beginnen soll. Es geht zum Großteil exakt entlang der Grenze entlang. Wir radeln auf einer guten Schotterpiste an den Schildern mit der Aufschrift „Achtung – Staatsgrenze“ vorbei. Schön ist es hier, einige Ausflugsradler kommen uns entgegen.
Wie wir im „Jägerwirt“ in Kalch erfahren, ist der R1 anlässlich der 80-jährigen Zugehörigkeit des Burgenlandes zu Österreich 2001 geschaffen worden. Wir stärken uns vor den 240 km, die wir den R1 entlang radeln wollen, es gibt lecker Salat mit Putenstreifen und jede Menge zu trinken. Netterweise darf ich meine Digitalkamera im Gasthaus an die Steckdose anschließen, der Akku war leer. Weiter geht es bei 35 Grad. Gleich hinter Kalch beginnt ein ziemlicher Aufstieg – von wegen, Österreich ist hier flach. Wir pusten und ich muss daran denken, dass wir für Berge nicht fit sind. Das zeigt sich auch an den vielen Pausen die wir einlegen, es ist einfach zu heiß zum Radfahren. Noch nicht mal im Schatten ist es kühler, und wenn mal eine Prise Wind aufkommt, ist es, als ob einem mit dem Fön ins Gesicht geblasen wird. Bei Bonisdorf ist eine Anhöhe erreicht. Danach geht es abwärts. Leider wenig Schatten, es ist wirklich sauheiß. Wir legen öfter mal einen Stop ein – trinken viel und essen Eis. Wieder radeln wir eng entlang der Grenze (jetzt aber zu Ungarn), nahe Kalch lag ja das Dreiländereck. Hallo Ungarn! In Heiligenkreuz pausieren wir bei leckeren Drinks vom Sparmarkt, danach geht es allerdings wieder bergauf. Gut 10 km plagen wir uns mal rauf und runter, wir sind fix und fertig. Wir radeln jetzt zwar nicht mehr in der prallen Sonne, aber bei schwülen 35 Grad – kein Spaß. Im Wald gibt es auch kaum Abkühlung, uns rinnt der Schweiß aus allen Poren. Endlich geht es das letzte Stück nach Güssing – ins Zentrum – bergab. Schnell noch ein Bild von der Burg, solange wir noch „oben“ sind.
Im Zentrum dann die Infotafel mit den verfügbaren Unterkünften, viele sind es ja nicht. Wir versuchen die Privatzimmer bei Halper, die einzigen, die innerhalb der Stadt liegen. Die Strasse ist schnell gefunden, aber die Hausnummer stand nicht dran, also fragen wir nach. Frau Halper ist nett, wir beziehen ein Zimmer mit Fototapete, waschen uns und die Klamotten. Danach geht es die paar Treppenstufen hoch in den Ort (na ja), einige Cafes und Pizzerien haben offen. Wir versuchen ein Gasthaus, richtig Hunger haben wir zwar nicht, aber ein Salat wäre gut. Die Kellnerin scheint unentschlossen, ob es überhaupt was gibt. Auf genaueres Nachfragen, was es denn gäbe sagt sie: “I bin alleine“. – „Ja, und? – können wir denn nun einen Salat bekommen?“ „Ja, i waas net, i bin ja alleine“. Bei so viel Engagement ziehen wir ab. Dann eben ins Eiskaffee. Erst draußen sitzen, da ziehen aber doch einige sehr schwarze Wolken auf und es donnert. Also doch reingehen? Ja, Karen bestellt Salat und Knofibrot, schmeckt gut. Zum Schluss noch ein Eis, während es draußen endlich regnet. Dann bei der Rechnung eine kleine Überraschung – die Waffeln (die zum Eis geliefert wurden) kosten extra! Ich sage: „Aber die haben wir doch gar nicht bestellt“ – Antwort:“ Ja, wir legen die immer dazu, und wenn sie gegessen werden, dann berechnen wir sie“. Geschäftsideen auf burgenländisch. Ist das Nepp?? Ist das überhaupt erlaubt?? Aber sollen wir wegen 0,7 Euro hier den burgenländischen Aufstand proben?!?? Ob die sich jemals gefragt haben, warum ihre Gäste immer nur einmal kommen?
Wir zahlen und sprinten durch den Regen ins Zimmer zurück. Es regnet die ganze Nacht. Endlich Abkühlung!?
24.6.2003 Güssing – Rechnitz (60 km)
Beim Frühstück unterhalten wir uns nett mit Herrn Halper, der 1959 mit seinem Bruder nach Kanada ausgewandert ist, er kam zurück, sein Bruder lebt heute im Okanagan Valley. Im Frühstücksraum hängt ein schönes Bild von Vancouver, deswegen kamen wir drauf. Danach bitten wir, die Räder noch ein wenig stehen lassen zu können, um doch noch die Burg zu besichtigen. Immerhin ist sie die älteste des Burgenlandes, erbaut 1157, dient heute als Veranstaltungsort. Kein Problem, auch den Schlüssel sollen wir noch behalten, die nächsten Gäste treffen erst um 15 Uhr ein. Die Burgbesichtigung fällt dann aber doch aus, sie öffnet erst um 10 Uhr, eine Dreiviertelstunde wollen wir nicht warten, so schön ist es in Güssing dann auch wieder nicht. Man könnte ja noch ein Eis essen (kleiner Scherz…). Es ist ein wenig kühler geworden, wir radeln mit den teils noch feuchten Klamotten über die Packtaschen geschnallt los. Der R1 führt erst mal (ein wenig schwachsinnig) in großer Schleife durch den Ort aus diesem raus, und dann durch eine Apfel – Lehr – Straße, kleine Apfelbäume säumen den Weg und vor jedem steht ein kleines Schild mit der genauen Bezeichnung der Sorte. Leider ein wenig zu klein geschrieben, so dass man es im Vorbeifahren nicht lesen kann. Rechterhand liegt Ungarn, wir schwitzen. Es ist ziemlich schwül, das Gewitter hat die Luftfeuchtigkeit ziemlich erhöht. Wenigstens ist es bewölkt. Der Weg führt uns die Weinberge entlang und zum Teil auch hinauf, wir schnaufen und treten rauf und runter, während die wenigbefahrene Bundesstraße neben uns unten verläuft. Bei Edlitz weichen wir deswegen auf diese Straße aus, gut 7 km später gibt es Eis an einem großen Spar an der Bundesstraße. Dort stellen wir dann auch fest, dass wir nicht mehr parallel zum R1, sondern querab dazu radeln, falsch abgebogen sozusagen. Also müssen wir bei der nächsten Gelegenheit nach rechts abbiegen. Die Straße führt uns (über einen Hügel) nach Burg, dort hat man vom R1 noch nie was gehört, aber wenn wir Richtung der Hügelgräber radeln würden, dann kämen wir auch nach Rechnitz. Tun wir und – landen im Wald. Egal, vorwärts immer – umkehren nimmer! Es ist steil, so dass wir schieben müssen, schließlich kommen wir an ein Hinweisschild mit Infos zu den Hügelgräbern, superalt und wir machen den kurzen Abstecher in den Wald. Die Mücken freut das, die Hügelgräber sind einfach als Hügel zu sehen, auf denen Bäume stehen. Ich will weiter. Etwas außerhalb des Waldes sehen wir, dass wir durch unseren Umweg wahrscheinlich dem Gewitter entgangen sind, das gerade über Rechnitz & dem Geschriebenenstein (das ist der angekündigte steile Anstieg zwischen Rechnitz und Lockenhaus) niedergeht. Als wir dort ankommen, ist es schon wieder weg.
Vor Rechnitz dann noch eine Überraschung – wir radeln an einer Straußenfarm entlang!! Die Tiere sehen in dieser Umgebung doch recht exotisch aus…Ja, Österreich hat viel zu bieten!
An der Tourist Info (gleichzeitig der Fahrradverleih) wird uns ein Heuriger empfohlen, wir wollen erst mal eine Kleinigkeit essen. Wir landen in der Buschenschank Wanger, sehr nette Leute. Der Wirt setzt sich gleich zu uns und erzählt, dass Rechnitz ein bedeutender Weinort sei (zweitgrößter des Burgenlandes), mittlerweile auch international recht bekannt. Wir probieren nur den Traubensaft, aufg´spritzt auf „a Halbe“ – Lecker! Und bestellen Feuerflecken, die Tochter kann nicht recht erklären was das ist, der Wirt selber natürlich schon. Reste vom Brotteig, ausgebacken und mit Knoblauch gewürzt. Klingt lecker, ist es auch, ein wenig viel Knoblauch allerdings. Es tröpfelt wieder. Nach der Jause und freundlicher Verabschiedung suchen wir ein Privatzimmer, werden bei Frau Bauer fündig. Sie richtet extra ein Zimmer mit langem Bett für uns zurecht (die Bauernbetten in dieser Region sind oft nur 190 cm lang, zu kurz für uns), wir sind die einzigen Gäste. Marillen frisch vom Baum werden uns präsentiert, die Früchte sind dieses Jahr früher dran als üblich, dafür wegen des kalten und langen Winters recht klein und nicht gerade zahlreich.
Wir sind mal wieder vor dem aufziehenden Gewitter im Trockenen.
25.6.2003 Rechnitz – Mörbisch (86 km)
In der Nacht hat es gewittert und auch geregnet, in Deutschland und Österreich (westlich von uns) gab es schwere Unwetter, wie wir in der bereit gelegten Tageszeitung erfahren. Wir haben gut geschlafen. Frau Bauer bereitet uns um 7.30 Uhr ein nettes Frühstück in ihrer Küche, danach satteln wir die „Bicis“ (kleine Anspielung an unseren Andalusienurlaub) und radeln los. Heute würde die Bergetappe über den Geschriebenenstein anstehen, laut Beschreibung im Radführer das steilste Stück auf der Tour. Wir schlagen dem Berg ein Schnippchen und radeln übern Ungarn! Das Günsergebirge läuft nur ein Stück bis nach Ungarn hinein, dahinter ist Flachland, warum uns also quälen? Gleich hinter Rechnitz ist die Grenze, hallo Ungarn!
Die Grenzkontrolle ist kein Problem, gelangweilt (wir sind sicher nicht die ersten Radler hier…) werden die Personalausweise betrachtet. Knapp hinter der Grenze biegt der Radweg nach links in den Wald ab. Tausende Schmetterlinge gibt es hier, wir radeln auf Schotterpiste erst leicht, später doch steiler bergan. Als ein paar grobe Steigungen kommen, sehen wir ein Schild, das diese Strecke als „MTB-Strecke“ ausweist. Tja, auch das machen unsere Villiger Räder mit. Knapp danach geht es aber nur noch bergab ins Dorf Velem, von dort auf der hügeligen Hauptstrasse über Köszegszerdahely nach Köszeg (deutsche Name Güns).
Ein schönes Städtchen mit schöner Kirche und Altstadt. Wir trinken Cafe (Melange) & kaufe 2 Kipferl; man spricht deutsch und wir können in Euro bezahlen. Ziemlich billig das Ganze, die beiden Melange haben 1,60 Euro gekostet (und das in einem Hotel) und die Kipferl in der nahe gelegenen Bäckerei kosteten gerade mal 1,39 Euro. Nur bei Postkarten erleiden wir wegen der nicht vorhandenen Forinth Schiffbruch, schade, die waren hübsch. Wir schlendern ein wenig durch die kleine Stadt, dann haben wir genug.
Weiter geht es wieder Richtung Österreich, die Grenze ist gleich erreicht. Bei Mannersdorf kürzen wir Richtung Oberpullendorf ab, in Steinberg rasten wir an einer Bushaltestelle. Es ist wieder heiß geworden, aber hier ist es wirklich flach. Das Günsergebirge haben wir also gut umrundet, bei der Hitze wäre das sicher kein Vergnügen gewesen. In Oberpullendorf stoßen wir wieder auf den R1, er würde wieder Richtung Westen weiterführen, wir beschließen aber, erneut über Ungarn abzukürzen und drehen Richtung Osten ab, die wenig befahrenen Seitenstraßen über Großwarasdorf nach Horitschon. Wieder geht es bergauf und bergab, wir quälen uns. Ich will ein Eis, irgendwo ein Magnum?? Vor Horitschon werde ich maulig, will nicht mehr. Karen singt für mich, da geht es mir gleich besser. Und in Horitschon (übrigens laut Reiseführer auch ein bekannter Weinort, in dem hauptsächlich Rotwein gekeltert wird – eher ungewöhnlich für die Gegend – findet sich ein großer BILLA, in dem es reichlich Auswahl an leckeren Eis gibt. Pause und durchatmen. Über Deutschkreuz geht es wieder nach Ungarn, die Straße führt uns direkt in den Ort, es ist ein wenig leer hier, kaum Menschen und auch kein verkehr. Mittagszeit? Siesta? In dieser Gegend gibt es übrigens noch kroatische Bevölkerung, wenn man hier eine Sprache hört, die man nicht versteht, muss das also nicht unbedingt ungarisch sein. In Ungarn queren wir die vielbefahrene Straße die von Sopron kommt und finden uns bei Balf auf dem Neusiedlersee – Radweg (ungarischer Teil) Eine wenigbefahrene Seitenstrasse, die in den Ort Fertörakos (Kroisbach) führt. Dort machen wir Station, essen uns auf ungarischer Seite um billige 14 Euro richtig satt (2 Hauptgerichte, 2 Desserts, 3x Traubensaft und 2x Kaffee). Gar nicht so einfach, die vollen Bäuche anschließend wieder auf die Räder zu hieven. Es geht durch den Ort erst bergauf dann bergab zur nur für Radfahrer und Fußgänger bis 20 Uhr geöffneten Grenze nach Österreich. Direkt dahinter liegt Mörbisch. Leider liegen die meisten Orte am Neusiedlersee nicht direkt am See, sie sind durch einen teils mehrere Kilometer breiten Schilfgürtel vom See getrennt, das stört uns aber erst mal nicht. Wir suchen uns ein Zimmer, werden im Haus Martin oberhalb des Ortes fündig. Hier wollen wir 3 Tage bleiben, den See umrunden, einen Abstecher nach Ungarn und nach Eisenstadt machen und ein wenig relaxen.
26.6.2003 Mörbisch – Eisenstadt – Sopron – Mörbisch (61 km)
Auf der Suche nach dem günstigsten Weg Richtung Eisenstadt verfahren wir uns erst mal kräftig, erst sind wir auf dem „falschen“ Radweg (zu nahe am See) und dann, als wir dem Schild Richtung B21 folgen und ohne es zu merken, den B10 nur überqueren, landen wir immer höher in die Weinberge radelnd, auf einem Wirtschaftsweg oberhalb der Weinstöcke, parallel zur Straße geht es aber in die richtige Richtung. Bis der Weg (erst Asphalt, dann Schotter, dann Wiese) endet und wir uns ein wenig „durchkämpfen“ müssen, aber es geht. Schließlich sind wir hier nicht im Urwald, sondern im geordneten Österreich und so landen wir schließlich doch wieder auf dem richtigen Radweg nach St. Margarethen. Von dort geht es neben der Bundesstraße auf dem Radweg bis Trausdorf, die letzten Kilometer dann aber doch auf der Bundesstraße (bei wenig Verkehr) nach Eisenstadt. Das Schloss Esterhazy und die Altstadt finden wir sehr schön, wir versuchen uns mal wieder im Sportladen an Handschuhen für Karen – chancenlos. Ein Eis in der Sonne rundet unseren Besuch in der kleinsten Landeshauptstadt Österreichs ab.
Weiter geht es nach Sopron, erst über Siegsdorf die ruhige Nebenstraße dann Richtung Klingenbach, auf der Hauptstraße. Der ruhige Nebenweg führt uns von der Hauptstrasse weg in den Ort Klingenbach hinauf, mitten durch bis zur Grenze. So vermeiden wir die doch viel befahrene Hauptstrasse mit dem Schwerlastverkehr. Ab der ungarischen Grenze gibt es aber keine Ausweichmöglichkeit, es geht bergab und die Autos fahren dicht an einem vorbei. Wir haben Glück, ein Traktor fährt mit 20 km vor uns her, wir hängen uns ran und er bietet den nötigen Schutz (vor allem nach hinten). Vor Sopron dann ein großes Einkaufszentrum, wir biegen ab und sehen es uns an. Es ist nicht viel los, na ja es ist auch Donnerstag, die österreichischen Schnäppchenjäger sind wohl eher am Wochenende hier. Dasselbe gilt auch für Sopron, das nicht den Charme von Köszeg hat und uns nicht sonderlich beeindruckt. Die Altstadt ist dennoch schön, aber die Preise in den Restaurants schrecken uns ab, das ist eher mit Österreich vergleichbar als mit unseren Ungarn Erfahrungen. Also leisten wir uns nur ein paar Gebäckstücke und sitzen in der Sonne und trinken unser Wasser. Wir stellen aber fest, dass es in fast jedem Haus einen Zahnarzt gibt oder ein kosmetisches Institut, und überall wird deutsch gesprochen. Das scheint die Haupteinnahmequelle hier zu sein, bei den steigenden Gesundheitskosten (auch in Österreich) ist es wohl lukrativ, im nahen Ungarn ihre Nase oder seine richten zu lassen. Das treibt allerdings das allgemeine Preisniveau nach oben, mit der Folge dass sich die ärmeren Leute (die keine Nasen richten können) das Leben hier fast nicht mehr leisten können. Ein bekanntes kapitalistisches Problem….Auf dem Hauptplatz zählt eine Uhr den Countdown bis zum EU Beitritt, es sind heute noch 309 Tage…
Wir radeln los, es geht wieder Richtung Ferötakös wo wir eventuell etwas essen wollen. Der Weg führt auf nett beschildertem Radweg teils durch den Wald und an kleinen Seen vorbei, eine schöne Strecke. In Ferötakös geht es erst mal steil die Serpentinen durch den Ort hinauf, oben angekommen haben wir aber nicht den nötigen Hunger, um uns hier zu stärken. Außerdem lockt uns die österreichische Küche, heute soll es mal ein Heuriger werden. Also ab nach Mörbisch. Dort duschen wir erst mal den Staub aus den Poren bevor wir in den empfohlenen „Pfeiffer“ einkehren. Der Traubensaft ist lecker, sagt Karen, ich trinke heute mal Weiswein g´spritzt. Auch nicht schlecht, als Durstlöscher aber nicht ungefährlich, nach 5 Gläsern habe ich einen Schwips. Marillen-Topfen-Strudel und ein Powideltascherl runden unser Abendmahl (wohl eher eine Völlerei) ab und beschwingt geht es ins Bett.
27.6.2003 Mörbisch – um den Neusiedler See – Parndorf – Mörbisch (86 km)
Vor der Abfahrt stelle ich erst mal einen Platten am Vorderrad fest. Karen besorgt einen neuen Schlauch, ich bau den (geflickten) Ersatz ein, der prompt auch undicht ist. Aber der wird erneut geflickt (erfolgreich, er hält heute noch) und der neue Schlauch kommt ins Vorratslager. Los geht es zur Fähre nach Illmitz, auf der anderen Seite des Sees. Von dort beginnen wir die (halbe) Umrundung des Sees. Auf dieser (Ost) Seite des Sees befindet sich der geschützte Seewinkel, in dem viele Vogelarten (Gänse, Schnepfen) brüten. Es ist sehr schön hier. Male wieder heiß übrigens. Es geht an Weinstöcken vorbei durch den Wald, an Pferden und Schweinen vorbei auf einem eigens angelegten Radweg (na ja, das sind eben die ehemaligen Wirtschaftswege, nun eben asphaltiert und für den Radler freigegeben. Das Angebot wird hier auch reichlich genutzt, hauptsächlich ältere Semester radeln hier. Warum auch nicht, es ist flach, schön und ein gutes Tröpferl Wein wartet fast an jeder Ecke. Bei Podersdorf befindet sich der einzige echte Uferbereich (also ohne Schilf) dafür gibt es hier einen kilometerlangen Campingplatz. Also auch nix mit direkt am See pausieren. Dasselbe in Weiden, wobei es hier wieder einen Abstecher zum See, vorbei an den teils ziemlich heruntergekommenen und zugewachsenen Stegen und Bootshäusern geht. Und Neusoiedl liegt wieder ziemlich weit weg vom See. Wir machen in einem kleinen Cafe an der Strasse Pause, Marillenkuchen und Melange für 2,50 finden wir okay.
Weiter geht es ab Neusiedl in Richtung Parndorf. In den letzten tagen sind wir immer an großen Plakatwänden vorbeigekommen, die auf das Factory Outlet Center (FOC) dort hinweisen, wir wollen mal nachsehen, was das ist. Der Radweg nach Parndorf ist schön, geht unter der Autobahn durch Felder entlang. Das FOC entpuppt sich als typisch amerikanische Einrichtung, vielen Geschäfte um einen Riesenparkplatz, von Adidas bis Nike und alle gängigen Klamottenhersteller sind mit einem mehr oder weniger großen Geschäft vertreten. Wir versuchen es mal wieder mit Handschuhen, ausverkauft. Und Klamotten finden wir nicht (probieren aber einiges an). Geld gespart. Gut eine Stunde sparen wir also Geld und schlendern durch die Geschäfte. Von Wien ist das hier in einer halben Stunde erreichbar, neben der Autobahn nach Bratislava gelegen zieht das FOC gerade an diesem Samstag eine Menge Kunden an. Wir haben bald die Nase voll von so vielen Leuten und verziehen uns, erst die Landstraße entlang (es wäre besser gewesen, die 3 km zum Radweg zurückzufahren, auf der Straße ist doch viel los und hier fährt man rücksichtslos nach dem Motto, „wenn die nicht die eigens für sie gebauten Radwege benutzen, sind sie selber schuld“. In Lois erreichen wir wieder den Radweg B10, der um den See führt und folgen ihm nach Mörbisch. Es geht malerisch an Sonneblumenfeldern & Weinbergen vorbei, wunderschön ist es hier (gerade nach der lauten Straße ein Genuss). Kein Wunder, dass hier so viele Leute Urlaub machen. Gegen 20 Uhr treffen wir wieder in Mörbisch ein, 86 km haben wir auf der Uhr. Schnell duschen und ab zum Pfeiffer. Es ist voller als gestern, aber wieder lecker. Nur mit dem Wein halte ich mich heute zurück, trinke wie Karen Traubensaft. Apropos österreichische Abzocke: Hier kostet das Brot zur Suppe extra (und mit 0,4 Euro pro Scheibe nicht wenig). Man gewöhnt sich an alles. Am Nebentisch sitzen gut 15 Leute im Vereins T-Shirt „Club der alten Säcke“, na ja, was es nicht alles gibt.
28.6.2003 Mörbisch – Bad Deutsch Altenburg (97 km)
Wir verabschieden uns von der netten Frau Schneeberger und radeln gemütlich mit Gepäck den B10 in Richtung Neusiedl. Heute ist Samstag, es ist viel los. Sportler, Familien, ältere Semester radeln fröhlich und unbeschwert durch die schöne Landschaft des Neusiedler See Gebietes. Uns gefällt es auch. Wir bleiben öfter mal stehen, schießen Fotos und schwitzen, es ist wieder heiß. In Neusiedl machen wir eine Pause, kehren ins „Csardas“ ein. Während wir sitzen, macht mich jemand darauf aufmerksam, dass sich die Luft aus meinem Vorderreifen verabschiedet. Schon wieder? Wenigstens nicht auf der Strecke. Ich schiebe mein Rad in den ziemlich leeren Gastgarten neben unseren Tisch und baue das Vorderrad aus. Diesmal kommt gleich der neue Schlauch rein, danke Karen dass du bei A&O erfolgreich warst! Prompt setzt sich eine Radlergruppe genau an den Tisch, der mir am nächsten ist, um mir genau beim schrauben zuzusehen. Es macht ja auch Spaß anderen bei der (schweißtreibenden) Arbeit zuzusehen. Als ich mir die Hände waschen gehe wird gefachsimpelt. Karen wird gefragt: „Wous issn dees im Rahmen doo?“ Karen antwortet: „Ein Schloss!“ „Wous issn dees fia a Schlouss? Dees is a Spözialschlouss! Wounns da a sou a Schlouss kaufst, donn sicha nua weilst a Spezialradl hoost, dees is a Spezialradl!” “ Joo, an a normales Radl kriagst ja solche Tooschn gar net dron!”
Wir setzen uns anschließend wieder auf unsere “Spezialradl” und radeln weiter, ab Neusiedl geht es weg vom See in nördlicher Richtung.
Ab hier folgen wir nun wieder dem gut ausgeschilderten R1 Richtung Kittsee, wo er einen End- bzw. Anfangspunkt hat (je nachdem). In Kirchhofen, nahe der Autobahn machen wir Rast in einem Seminarhotel bei leckerem Eis und neben einer Geburtstagsgesellschaft an großer Tafel. Schön ist es hier, die Strecke danach wird allerdings eintönig. Neben einem gerade errichteten Windpark (einige Windkraftanlagen werden gerade gebaut) radeln wir durch die Hitze meist geradeaus in der prallen Sonne (hatten wir die heutigen Temperaturen schon genannt? Wieder mal 35 Grad). Ab Gattendorf dann ein malerisches Stück entlang der Leitha, schattig am Wasser entlang. Vor Pama treffen wir einen älteren Herrn auf einer schattigen Bank, der fast täglich gut hierher radelt, sich erholt und wieder zurück fährt (insgesamt 15 km). Er war früher „Spanner“, wie wir erfahren sind das die Leute auf der Jagd, die für den Schützen stets das Gewehr nachladen (also den Hahn spannen) und sei mit diversen Honoratioren hier in der Gegend auf der Jagd gewesen. Heute sei das alles anders, die Gegend hier gehöre diesseits der Leitha dem Herrn Frick, jenseits den Italienern, und er sei schon lange nicht mehr im Geschäft. Nur noch radeln tut er das halte fit. Als noch einige lokale Radler zum Treffen auf der Bank kommen, verabschieden wir uns höflich und radeln weiter. In Kittsee suche ich ein Hinweisschild zum Anfangspunkt des R1, finde aber nichts, der Ort ist auch nicht sonderlich hübsch und als aus einem Gastgarten jemand Karen hinterher pfeift, pfeifen wir auf den Ort und radeln weiter Richtung Hainburg. Nach 80 km kommen wir auf den Donauradweg, kurz vor der Grenze zur Slowakei.
Nun folgen wir dem „schönsten Stück des Donauradweges“ (Zitat Roland), daran habe er noch gute Erinnerungen, wie er den „Schiffen hinterher gewunken“ habe. Wir sehen erst mal keine Schiffe, auch die Donau ist nicht zu sehen. Vielleicht ab Hainburg? Wir sind für heute eigentlich schon alle, die 8 km nach Haiburg ziehen sich. In Hainburg suchen wir eine Unterkunft, erfolglos, entweder gibt es die Unterkünfte nicht mehr oder sind (wie „Der Anker“) voll. Dort wird uns geraten nach Bad Deutsch Altenburg zu radeln, dort gebe es sicher was. Ob man den vor dem Haus verlaufenden Weg am Ufer radeln könne? Nein, da komme man sicher nicht hin, besser sei die Bundesstraße. Also rauf auf die Straße, die paar km schaffen wir auch noch. In Bad Deutsch Altenburg finden wir sofort eine Pension. Die Wirtin ist nett und empfiehlt uns, auf das heutige Rock & Roll – Fest zu gehen, ihr Sohn verkaufe dort Wein & Würstchen, das sei doch eine nette Sache. Die Musik ist auch nicht zu überhören, wir duschen und gehen hin. Volles Fest, im Garten vor einer Galerie (wo hässliche Bilder gezeigt werden) spielen „Schurli und die Motorbienen“ fetziges aus den 50-ern (deutsch natürlich). Bei „Tippi Tippi Tipso & Calypso…” bestellen wir Radler und Pommes und suchen uns einen freien Platz an einem Biertisch. Wir finden einen an einem halbleeren Tisch mit den griesgrämigsten & unfreundlichsten Leuten die wir auf dieser Reise getroffen haben. Erst werden wir angestarrt wie Ungeziefer und dann beachtet man uns demonstrativ nicht, sorgt höchstens dafür, dass wir uns im Zigarettenqualm nicht wohl fühlen. Der Wanderpokal geht an Euch– uns ist es egal, wir brauchen Euch nicht, hätten da aber einen Club, dem ihr beitreten könntet (Treffpunkt Heuriger Pfeiffer in Mörbisch)! Wir bleiben nicht lang, danach geht es in die Falle, tilt & game over.
29.6.2003 Bootsausflug nach Bratislava
Beim Frühstück beschließen wir, einen weiteren Tag in Bad Deutsch Altenburg zu bleiben und heute einen Ausflug nach Bratislava zu unternehmen, eine Butterfahrt, auf der man zollfrei einkaufen kann. Kostet nur 4 Euro, und Boot fahren ist sowieso ein Vergnügen. Um 10 Uhr geht es ab Hainburg los, wir radeln also flott zur Anlegestelle (diesmal entlang des ausgeschilderten Radweges genau an der Donau entlang, die Anlegestelle befindet sich vor dem „Goldenen Anker“, von wo wir gestern auf die Bundesstraße geschickt wurden…soviel zum Thema „wie gut kenne ich mich vor meiner Haustür aus“). Die Fahrt geht bis nach Devin auf slowakischer Seite, von dort mit dem Bus weiter nach Bratislava. Schöne Altstadt, wir schlendern durch die Gassen und machen eine Stadtführung. Bratislava hieß früher Pressburg und war die Krönungsstadt in der K.& K. Zeit. 5 Kaiser wurden hier gekrönt, auch Maria Theresia. Außerdem war Pressburg früher mal die Hauptstadt Ungarns. Die Stadt war früher durch 4 Tore zu betreten, der Krieg zerstörte drei davon, auch die Synagoge gibt es nicht mehr. Auf einem Kirchturm gibt es nur 3 Uhren, eine Seite ist leer, die Bevölkerung musste früher dafür bezahlen, die Zeit ablesen zu können, da ein bestimmter Teil nicht bezahlen wollte, ließ man die entsprechende Seite des Turms ohne Uhr. Europäische Geschichte. Uns gefällt die Stadt.
Um 16 Uhr geht es mit dem Bus & Boot retour, kurz entspannen und dann zum Abendessen in den von unserer Wirtin empfohlenen Heurigen, wo wir auf eine feucht-fröhliche 4-er Runde treffen, die den Donauradweg von Passau nach Budapest radeln (insgesamt ca. 700 km) und ebenfalls in der Pension Schön übernachten. Erfahrungsaustausch. Wir essen belegte Brote und trinken Schlumberger (Wein mit Almdudler). Die Einladung zum köpfen der Weinflaschen auf dem Balkon unserer Nachbarn lehnen wir höflich ab und verziehen uns ins Bett.
30.6.2003 Bad Deutsch Altenburg – Wien (66 km)
Eigentlich einen Tag zu früh für uns radeln wir nun doch schon nach Wien, es ist einfach zu heiß um sich einen alternativen Plan zu überlegen, auf die March haben wir bei den Temperaturen keine Lust. Bei Hainburg überqueren wir die Donau, weiter geht es nördlich davon gen Westen. Nun radeln wir einen ziemlich langweiligen Teil des Radweges entlang, es geht schnurgeradeaus und von der Donau ist nix zu sehen. Ich habe erst mal wieder einen Platten, den dritten auf dieser Tour, diesmal hinten. Micha wo bist Du?? Wir landen an einer Radlerstation, wo ich nach einem Ersatzschlauch frage. Kein passender dabei, also doch flicken. Dabei sehe ich, dass mein Mantel doch ziemlich verschlissen ist (hoffentlich hält der noch bis Wien). Weiter geht es auf dem Damm, rechts und links Wald, keine Donau, welchen Schiffen Roland hier wohl zugewunken hat? Oder hat ihm der Heurige soo gut geschmeckt? Bei Orth machen wir einen Abstecher hinab zur Donau, zum alten Fährhaus, von wo man früher übersetzen konnte. Heute steht nur noch ein Gasthaus da, aber schön ist es hier. Kurz danach lädt ein Seitenarm der Donau zum Baden ein, wir treffen auf 2 Schweizer, die ihrer Nation alle Ehre machen und auf klapprigen Rädern nach Budapest unterwegs sind. Sie wollen dort die Räder verkaufen, für eine Unterkunft oder so. Außerdem würde dann der Rückweg leichter. Als Taschen haben sie deswegen normale Reisetaschen dabei. Diese Schweizer – sparsamer geht´s nimmer! Wir schwätzen eine Weile und trennen uns. Schließlich wollen wir baden. Idyllisches Plätzchen, aber als wir näher ans Wasser treten, stellt sich das als Schlammpfütze heraus, muss ja nicht sein. Schade, bei den Temperaturen (ja ja wieder um die 35 Grad) wäre eine Abkühlung schön gewesen. Durch ein Öltanklager geht es nach Wien, wir landen auf dem Radweg, der den FKK Badebereich entlang führt. Wir auch!! Baden in der Donau! Herrlich kühl, endlich. Kurze Rast und dann geht es weiter Richtung Innenstadt, zum Schwedenplatz. Dort gibt es das beste Eis in der Stadt, die Portion haben wir uns verdient. Wir versuchen, unseren Freund Thomas zu erreichen, aber sein Handy ist aus, eigentlich erwartet er uns auch erst morgen.
Also schlendern wir durch die Kärntner Strasse zur Tourist Info und fragen nach einer ruhigen Unterkunft in Thomas Nähe. Wir werden in die Pension Kaffeemühle geschickt, in der Kaiserstraße. Dort angekommen stellt sich das Zimmer als ziemlich laut und der Fahrradabstellplatz als öffentlich Garage heraus, die angeblichen 2 Sterne sind für diese von Arabern betriebene Bruchbude ein Witz (das Zimmer hat auch noch verschmierte Wände). Hier bleiben wir nicht! Die Tourist Info schickt uns telefonisch in eine andere (ebenso laute) Straße, das wollen wir auch nicht, finden die dort angegebene Pension erst gar nicht. Noch mal retour ins die Info, schnell, die schließt gleich. Als nun schwierige Gäste (?) erkannt, bemüht man sich, uns das gewünschte zu besorgen und wir landen schließlich in der Pension Riedl, ziemlich dicht am Ring, aber ruhig. Ein schönes ruhiges Zimmer präsentiert uns die vorgewarnte Wirtin, uns gefällt es. Wir duschen, und radeln abends ziellos durch den ersten Bezirk, als sich doch Thomas noch meldet. Schnell noch zu ihm , in den 7. Bezirk. Wien ist auch recht fahrradfreundlich, man darf oft gegen die Einbahn radeln und die Bus- & Tramspuren benutzen. Wir trinken ein Bier, schwätzen ein wenig und bestaunen anschließend seine Einzimmerwohnung. Danach geht es durch das mitternächtliche Wien zurück in die Pension.
1.7.2003 Wien – Berlin (Nachtzug)
Das Frühstück wird wegen des nicht vorhandenen Frühstückraumes im Zimmer serviert. Sehr nett!! Wir packen und transportieren das Gepäck erst mal in Thomas Wohnung, unser Zug geht erst um 21 Uhr. Den Tag vertrödeln wir mit Bummeln in der Einkaufsmeile Mariahilfer Straße und seligem Nichtstun. Für heute ist endlich Abkühlung angekündigt, das Gewitter kommt auch pünktlich am Nachmittag. Da sitzen wir wieder im Trockenen. Abends gehen wir dann in der Siebensterngasse (Gruß an Andl, der wohnt dort gleich um die Ecke, ist aber zur Zeit Berg steigen in Chamonix) ins sehr gute 7-Stern Bräu, treffen dort Thomas und verbringen insgesamt einen netten Abend. Um 21 Uhr sind wir dann unterwegs zum Westbahnhof, auf der kurzen Strecke schaffe ich es doch beinahe, vom Rad zu fliegen, rutsche mit dem Vorderreifen vom Radweg, kann die Balance gerade noch halten. Das wäre ja was gewesen, so kurz vor Schuss.
Im (unbequemen) Nachtzug geht es dann retour nach Berlin, ich finde diese Fahrt noch schlimmer als die Hinfahrt, kann also nur davon abraten, sich die teuren Plätze zu kaufen. Die billigeren sind zwar sicher ebenso unbequem, aber eben wesentlich billiger. Die 7 Stellplätze für die Räder sind übrigens vergeben, ich kann also nur empfehlen, rechtzeitig zu reservieren.
Am nächsten Morgen um 8 Uhr treffen wir mit halbstündiger Verspätung wieder wohlbehalten und ziemlich müde mit der Erkenntnis in Berlin ein, dass Österreichs Osten ein schönes Fleckchen Erde ist, alle Male eine Reise wert!!